Trotz zahlreicher Gegenmaßnahmen sind Suchterkrankungen in Deutschland ein nach wie vor großes und weiter zunehmendes Problem. Dabei ist in nicht wenigen Fällen von außen gar nicht zu erkennen, dass Menschen an einer Suchterkrankung leiden. Während es bei Alkoholkranken zu Ausfallserscheinungen kommen kann, wenn auch nicht zwingend kommen muss, haben Spielsüchtige oftmals für Außenstehende ein ganz normales Verhalten. Und doch handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung, die ohne professionelle Hilfe meist nicht bewältigt werden kann.
Nicht von ungefähr erkennen die deutschen Krankenkassen und Rentenversicherungsträger die Pathologische Spielsucht schon seit 2001 als rehabilitationsbedürftige Krankheit an und übernehmen im Zuge dessen auch die Kosten für eine oft über einen längeren Zeitraum nötige Behandlung.
Die Grenzen sind fließend: Wer ist spielsüchtig?
Aufgrund einer hohen Präsenz in den Medien, insbesondere auch in Form von Werbemaßnahmen, ist es kaum möglich, nicht mit Online-Glücksspiel im Allgemeinen und Sportwetten im Besonderen in Berührung zu kommen.
Im Wissen darum, dass die eigenen Angebote auf viele Menschen einen speziellen Reiz ausüben, nutzen Online-Casinos und Buchmacher zahlreiche Kanäle, um potentielle Kunden anzusprechen und für sich zu gewinnen.
Glücksspiel gehört in Deutschland zum Alltag
Und in nicht wenigen Fällen gelingt es, grundsätzlich Interessierte auch zu einer Kontoeröffnung zu bewegen. So gibt es übereinstimmende Studien und Statistiken laut denen acht von zehn Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland im Alter von 16 bis 65 Jahren schon einmal an Glücksspielen teilgenommen haben.
Wobei dazu neben Sportwetten und Online-Casinos auch andere Formen wie die vielen verschiedenen Lotterien zählen.
Die Dunkelziffer bei den Statistiken ist hoch
Doch ist jemand, der einmal wöchentlich seinen Lottoschein ausfüllt bereits spielsüchtig? Oder ein anderer, der an jenem Bundesliga-Spieltag einen Wettschein abgibt, um den persönlichen Spannungsfaktor zu erhöhen?
Sicherlich nicht, doch die Grenzen zwischen einem auf Spaß basierendem und einem gefährlichen Spielverhalten sind fließend und in den meisten Fällen auch nicht genau auszumachen.
Nicht von ungefähr verorten Experten die Anzahl der Spielsüchtigen oder Menschen mit problematischem Spielverhalten im mittleren sechsstelligen Bereich – freilich inklusive einer hohen Dunkelziffer, denn längst nicht jeder Betroffene begibt sich in Behandlung.
Der Teufelskreis ist immer derselbe
Stattdessen lauert ein Teufelskreis darin, dass zunächst “nur“ gefährdete Spieler den Versuch starten, erlittene Verluste mit immer neuen Wetten zu kompensieren.
Die Verluste häufen sich und Betroffene geraten immer tiefer ins Schlamassel, sind teilweise sogar gezwungen, sich zu verschulden und setzen in Extremfällen nicht nur die eigene Existenz aufs Spiel, sondern bringen die gesamte Familie in Gefahr.
Alarmsignale und Anzeichen richtig deuten
Zu verhindern, dass es soweit kommt und das Kind in den Brunnen fällt, ist beileibe nicht einfach. Und doch gibt es Anzeichen, die darauf hindeuten, dass ein entsprechendes Problem vorhanden ist – wobei derlei Anzeichen allerdings auch in Zusammenhang mit anderen Problemen stehen kann und nicht zwingend direkt mit Glücksspielen in Verbindung gebracht werden muss.
Erst recht nicht, weil sich Spielsucht selten innerhalb weniger Wochen oder gar Tage entwickelt, sondern es sich dabei meist um einen längerfristigen Prozess handelt.
Doch wenn ein den Sportwetten zugetaner Mensch immer mehr seine sozialen Kontakte oder auch die Karriere vernachlässigt und vermehrt Zeit am Computer oder am Handy verbringt, um auf Sportereignisse zu tippen, deren Existenz der breiten Masse gar nicht bekannt ist, sollte man im Umfeld hellhörig werden.
Spielsucht hat nichts mit Intelligenz oder gesellschaftlicher Klasse zu tun
Den Fehler, Spielsucht mit fehlender Intelligenz gleichzusetzen, sollte man derweil nicht machen. Denn auch Menschen mit angesehenen und gut bezahlen Berufen driften in die (Online-)Welt bestehend aus Sportwetten und Casinos ab.
Und gerade diese Gruppe versteht es dank ihrer Intelligenz nicht selten besonders gut, ihre Spielsucht vor der Öffentlichkeit und selbst der Familie zu verbergen.
Bis zur Einsicht dauert es meistens lange
Dass Betroffene bei Nachfragen nach ihrem Spielverhalten erst einmal abweisend reagieren und versichern, alles im Griff zu haben, ist völlig normal. Und sollte dem näheren Umfeld nicht als ausreichende Erklärung dienen, zumal Spielsüchtige häufig gar nicht erkennen, ein problematisches Verhalten an den Tag zu legen.
Diese Einsicht allerdings ist das Wichtigste, um die Dinge wieder in die richtigen Bahnen zu lenken und die Probleme in den Griff zu bekommen.
Viele Gespräche mit dem Partner, engen Freunden oder Verwandten sind der erste Schritt, womit sich noch nicht ganz so tief in der Spielsucht gefangene Menschen noch vor Schlimmerem bewahren lassen. Reicht die Öffnung anderen gegenüber schon nicht mehr aus, ist in einem zweiten Schritt professionelle Hilfe dringend angeraten.
Fazit: Das Umfeld ist besonders gefordert
Kurz zusammengefasst bleibt als Fazit, dass mehr Menschen ein problematisches Spielverhalten aufweisen, als man vermuten würde. Auch, weil gewisse Verhaltensweisen nicht zwingend sofort mit Spielsucht in Verbindung gebracht werden können, erst recht nicht von den Betroffenen selbst.
Genau deshalb bedarf es einer hohen Sensibilität, wenn sich Menschen im näheren Umfeld plötzlich ungewöhnlich verhalten und immer mehr Zeit mit Sportwetten und/oder Casino-Spielen verbringen, um gegebenenfalls helfend einschreiten zu können.