Die Blamage im WM-Auftakt gegen Mexiko wurde selbst verursacht und zeigte beunruhigende Entwicklungen auf. Der Budestrainer Löw kann jetzt nicht alles von Neuem organisieren, er muss aber reagieren. Dafür gibt es klare Ansatzpunkte.
Der Albtraum, womit kaum jemand gerechnet hatte, ist jetzt wahr geworden. Der Weltmeister Deutschland hat sich zu Beginn der WM in Russland gehörig blamiert und sich nach einer verdienten Niederlage gegen Mexiko Spott und Hohn der Fußballwelt zugezogen. Das nicht ohne Grund – so viel sei gesagt.
Nach dem ersten Spiel steht der Titelverteidiger bereits mit dem Rücken an der Wand. Sicher: Die Mexikaner spielten aggressiv und gallig. Doch sie waren nicht unschlagbar. Die deutschen Probleme hatten ihren Ursprung in den eigenen Reihen.
Seit Jahren ist Joachim Löw es gewohnt, dass es mit seiner Mannschaft und ihm nach vorn geht. Nun ändern sich die Dinge. Vor dem Spiel gegen Schweden ist der so stark gefordert wie schon lange nicht. Vor dem Turnier hatte Löw stets die Zuversicht, Gelassenheit und Ruhe nach außen verkörpert, doch nun ist der Druck nach nur einer Partie gewaltig.
Katastrophale Chancenverwertung
Nun sind Reaktionen gefragt. Aber nicht nur verbale. Selbstverständlich muss er die Spieler auch ins Gebet nehmen, Analysen des Spiels vornehmen und über eklatante Fehler sprechen, wie zum Beispiel das schwächelnde Defensivverhalten, das miserable Umschaltspiel oder die katastrophale Chancenverwertung. Immerhin waren es 26 Torschüsse im gesamten Spiel.
Die Niederlage lässt den Schluss zu, dass es auch personeller Veränderungen bedarf, um sich mit einem Erfolg gegen Schweden die Möglichkeit auf die Verteidigung des Titels zu bewahren. Özil, der trotz wochenlanger Debatte um die Fotos mit Erdogan Löws Vertrauen bekam, konnte nicht überzeugen. Nach der letzten Niederlage könnte Löw sich fragen, ob es nicht ein Fehler war, Özil in dieser Situation aufzustellen.
Als Spielgestalter konnte er keine Impulse setzen. Marco Reus, welcher erst 30 Minuten vor Schluss eingewechselt wurde, hätte definitiv eine Alternative und ein sinnvolles Element im Offensivspiel darstellen können. Denn hier gab es erhebliche Schwächen gegen Mexiko.
Löw muss in der Zentrale ansetzen
Gegen Mexiko setzte Löw vor allem auf die Erfahrung der Weltmeister, besonders auf Schlüsselpositionen wie der Spielzentrale und der Innenverteidigung. Dennoch konnte man keinen Anführer erkennen. Niemand, der die Mannschaft wach rüttelte. Von Erfolgshunger keine Spur. Das ist beunruhigend – besonders in der ersten Halbzeit wirkte der ganze Vorgang schläfrig, wenig dominant und lahm.
Löw muss nun in der Schaltzentrale ansetzen – Ilkay Gündogan könnte eine Alternative im Mittelfeld darstellen. Sami Khedira, Schlüsselspieler in Löws Kader und seit Jahren wichtiger Leader, konnte gegen Mexiko ebenfalls nicht mit seiner gewohnten Stabilität punkten.
Löw kann jetzt nicht alles infrage stellen und von Neuem aufbauen. Die Vergangenheit bescheinigt ihm einen anderen Umgang mit Problemen. Dennoch ist es wichtig, dass er agiert, die Mannschaft packt und an ihren Siegeswillen und ihre Mentalität appelliert.
Und sollten seiner Meinung nach ein paar frische Spieler nötig sein, um einen Sieg gegen Schweden zu erringen, dann ist das so. Vielleicht ist jetzt sogar ein kleiner Richtungswechsel nötig, eine Auffrischung mit Spielern, die eigentlich in der zweiten Reihe stehen. Mit 23 Mann ist der Kader ja groß genug.