Seit zwei Jahren gibt es in der deutschen Fußball-Bundesliga den sogenannten Video-Schiedsrichter – und die Kritik reißt einfach nicht ab. Vor allem in der abgelaufenen Saison 2018/2019 hat der Einsatz des Assistenten im “Kölner Keller” bei den Fans für erheblichen Unmut gesorgt. Zu lange Unterbrechungen, nicht nachvollziehbare Entscheidungen, fehlerhafte Kommunikation unter den Schiedsrichtern – die Liste der Kritikpunkte ist lang. Eine aktuelle Umfrage belegt jetzt, dass auch die Bundesliga-Profis extrem genervt sind.
Der Video-Schiedsrichter sollte ursprünglich dafür sorgen, dass der Profifußball gerechter und transparenter wird. Nach den Erfahrungen bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland schien es auch so, als wenn das technische Hilfsmittel eine Bereicherung für das populärste Spiel der Welt sein würde.
Fans waren oft verärgert
In der deutschen Bundesliga hapert es auch nach zwei Jahren allerdings bei der Umsetzung. Die zurückliegende Saison sorgte an fast jedem Spieltag für Frustration und Kopfschütteln. Oft drehte es sich dabei um die Frage: Warum greift der Video-Referee hier nicht ein? Und warum dann wieder an anderer Stelle? Und warum nutzt der Hauptschiedsrichter die Video-Area nicht?
Fatale Fehlentscheidung in Bremen
Beispielhaft dafür war das DFB-Pokalhalbfinale zwischen Werder Bremen und Bayern München. Beim Stand von 2:2 hatte Schiedsrichter Daniel Siebert in der Schlussphase einen fast schon grotesken Elfmeter für die Bayern gepfiffen. Video-Assistent Robert Kampka wies Siebert nicht auf seinen Fehler hin – und dieser verzichtete auch darauf, sich die Szene am Spielfeldrand noch einmal anzuschauen.
Spieler stellen negatives Zeugnis aus
Dr. Jochen Drees, Projektleiter der Videoschiedsrichter, räumte nachher ein, der Elfmeter sei “nicht korrekt” gewesen. Die Kommunikation zwischen Siebert und Kampka sei völlig misslungen, beide hätten über eine unterschiedliche Berührung und damit komplett aneinander vorbei gesprochen.
Situationen wie diese haben dazu geführt, dass die Bundesliga-Profis sich jetzt klar gegen den Einsatz des Video-Assistenten in der aktuellen Form ausgesprochen haben. Bei einer aktuellen Umfrage des Fachmagazins “kicker” votierten 148 der 250 teilnehmenden Spieler gegen den Videobeweis. Lediglich 81 Profis unterstützten das Hilfsmittel, 21 Akteure enthielten sich bei diesem brisanten Thema.
Laut DFB-Statistik ist der Fußball gerechter geworden
Der DFB zeichnet in einer Auswertung der abgelaufenen Saison nun ein ganz anderes Bild. Demnach hat der Videobeweis in der zurückliegenden Spielzeit insgesamt 82 klare Fehlentscheidungen verhindert.
“Diese Situationen wären ohne Unterstützung durch den Video-Assistenten falsch bewertet worden und hätten in den meisten Fällen wohl zu einem anderen Spielverlauf sowie einem anderen Ergebnis geführt”, so Dr. Jochen Drees. Der Fußball im deutschen Oberhaus sei durch die Einführung “gerechter und fairer” geworden.
Wirklich nur zwei falsche Entscheidungen?
Laut der Statistik des DFB habe es nur in 19 Fällen einen nicht gerechtfertigten Eingriff des Video-Referees gegeben. Aber auch das sei nicht weiter tragisch gewesen, weil in 17 dieser Fälle der Hauptschiedsrichter trotzdem die korrekte Entscheidung getroffen habe. Nur zwei Mal habe der Videobeweis zu einer Fehlentscheidung geführt.
Höhere Netto-Spielzeit
Und auch das Argument, die Video-Überprüfungen würden zu lange dauern, versucht der DFB zu entkräften. Laut der internen Auswertung sei die Netto-Spielzeit in der abgelaufenen Saison im Vergleich zum Vorjahr sogar um durchschnittlich 45 Sekunden gestiegen.
Wie man die Entscheidungen durch den Videobeweis auch für die Zuschauer im Stadion nachvollziehbarer machen könnte, dazu enthält der Bericht des DFB keine Angaben oder Vorschläge.