Die Fans des einst ruhmreichen Hamburger Sportvereins müssen sich in diesen Tagen vorkommen wie Bill Murray in der legendären Komödie “Und täglich grüßt das Murmeltier” – nur dass sich der HSV-Alptraum einmal jährlich wiederholt. Das Lachen dürften den Hamburgern ebenfalls im Halse stecken bleiben, denn im Gegensatz zum Film deutet mal wieder wenig auf ein Happy End hin. Nach drei Jahren in der 2. Bundesliga schien es dieses Mal endlich zu klappen mit dem Aufstieg. Die Mannschaft von Trainer Daniel Thioune war Herbstmeister und lange Zeit auch souveräner Tabellenführer. Aber wie schon 2019 und 2020 scheint der HSV auf der Zielgeraden die Nerven zu verlieren. Bestes Beispiel war die desolate 1:2-Niederlage am Donnerstag beim SV Sandhausen.
Die Vorzeichen schienen eigentlich günstig: Beim HSV hatte man die Woche der Wahrheit ausgerufen – und der Auftaktgegner war eine vermeintlich dankbare Aufgabe. Der SV Sandhausen hatte zwei Wochen in Quarantäne verbringen müssen, erst seit Montag war dem Tabellenvorletzten (!) das Training wieder erlaubt.
In Sandhausen hoffnungslos unterlegen
Was sollte da also schief gehen beim Auftritt des großen HSV in der süddeutschen Provinz? Zumindest schienen die Hamburger Spieler mit exakt dieser überheblichen Einstellung in die Partie gegangen zu sein. Anders ist kaum zu erklären, wie passiv und leidenschaftslos die Truppe von Daniel Thioune in der ersten Halbzeit über den Platz schlich.
Der abstiegsbedrohte SV Sandhausen führte den Aufstiegsanwärter aus Hamburg phasenweise vor. Nur einer großen Portion Glück war es auch HSV-Sicht zu verdanken, dass es zur Halbzeit noch 0:0 stand.
Fortuna Düsseldorf ist bis auf einen Punkt ran
Nach dem Wiederanpfiff ging Sandhausen durch ein Eigentor von Ambrosius (46.) völlig verdient in Führung, ehe Keita-Ruel (56.) den HSV mit dem 2:0 endgültig auf die Verliererstraße brachte. Hamburg wachte erst in der letzten Viertelstunde auf. Der Anschlusstreffer durch Wintzheimer (76.) kam zu spät.
Durch die überraschende Niederlage wird die Luft im Aufstiegsrennen jetzt richtig dünn für den Hamburger SV. Noch liegen die Norddeutschen zwar auf dem Relegationsplatz, aber von hinten drängen Fortuna Düsseldorf und vor allem auch Holstein Kiel. Die “Störche” haben zwar vier Punkte weniger als der HSV, aber drei (!) Spiele weniger absolviert.
HSV nur Zwölfter in der Rückrunden-Tabelle
Dass es mit dem direkten Aufstieg noch klappt, ist spätestens seit der Sandhausen-Pleite unrealistisch. Der VfL Bochum ist als Spitzenreiter wohl nicht mehr einzuholen, der Traditionsclub aus dem Ruhrgebiet liegt inzwischen zehn Punkte vor dem HSV. Auch auf Greuther Fürth haben die Hamburger jetzt schon vier Zähler Rückstand.
Erschreckend ist vor allem der Trend der letzten Wochen. Der HSV hat aus den letzten drei Partien insgesamt nur einen einzigen Punkt geholt. In der Rückrunden-Tabelle liegt Hamburg nur auf Platz zwölf!
Wackelt der Stuhl von Daniel Thioune?
Im Kreuzfeuer der Kritik steht jetzt vor allem Daniel Thioune. Der Trainer wirkte nach dem Spiel in Sandhausen hilflos und desillusioniert. “Bei uns liegt das Problem im Kopf. Wir sind mental nicht stabil genug”, so der Coach. Aber liegt es allein am großen Druck und den hohen Erwartungen in der Hansestadt?
Thioune gab zu, dass es wohl auch mit der Mentalität seiner Kicker zu tun hat: “Sandhausen ist hier 90 Minuten gerannt, als ginge es um Leben und Tod. Da war einfach mehr Wille als bei uns.”
Der angesprochene Druck steigt jetzt natürlich noch mehr. Ein weiteres Jahr in der zweiten Liga wäre für den HSV sportlich, aber vor allem wirtschaftlich eine Katastrophe. Am Sonntag beim Auswärtsspiel gegen Jahn Regensburg sind die Hamburger fast schon zum Siegen verdammt.