Am kommenden Samstag beim Bundesliga- Auftakt von Bayer Leverkusen könnte einmal wieder die große Stunde von Ramazan, genannt ‘Rambo', Özcan schlagen. Seit seinem Wechsel von Ingolstadt zur Werkself vor zwei Jahren stand die klare Nummer Zwei hinter Bernd Leno lediglich in vier Pflichtspielen für Bayer zwischen den Pfosten. Einmal in der Bundesliga, einmal in der Champions League, sowie zwei Mal im DFB- Pokal – unter anderem am vergangenen Wochenende bei Leverkusens knappem 1:0- Sieg in Pforzheim. Leno wechselte in diesem Sommer zum FC Arsenal London, doch in Lukas Hradecky hat Özcan schon wieder eine neue Nummer 1 vor der Nase.
Doch momentan und auch noch mindestens am ersten Spieltag fällt der finnische Keeper, den Leverkusen ablösefrei aus Frankfurt verpflichtete, aus. Er musste sich eine Zyste am Kiefer operativ entfernen lassen. Die Chance also für Özcan, der sich gegen den ebenfalls erfahrenen und neu vom 1. FC Nürnberg verpflichteten Thorsten Kirschbaum immerhin als Nummer 2 durchgesetzt zu haben scheint. Doch der 34-jährige Österreicher will nicht sich selbst so sehr im Fokus sehen vor dem Saisonauftakt. “Es geht nicht um mich, es geht um die Mannschaft”, meint der zehnmalige österreichische Nationaltorwart. “Jetzt spiele ich vielleicht ein Spiel und was dann passiert, weiß ich nicht”, blickt er ganz gelassen auf die aktuelle Situation.
Dabei wartet auf ihn ein ganz besonderes Spiel. Denn zum Auftakt geht es für Bayer Leverkusen gleich zum kleinen, in dieser Saison durch den Abstieg des 1. FC Köln allerdings auch einzigen, Rheinderby nach Mönchengladbach. Und da kommt Özcan dann doch auch ins Schwärmen: “Wir freuen uns alle, dass es endlich losgeht”, bekräftigt er, “die Fans sehnen sich danach und die Mannschaft auch. Nach großen, vollen Stadion, nach dem Kribbeln – es wird Zeit.” 50 000 Fans werden zum Saisonstart im Gladbacher Borussia- Park am Samstag Abend um 18:30 Uhr gleich Özcans Sehnsucht nach der ganz großen Kulisse stillen.
Leverkusen mit einigen Verletzten im Lazarett gegen Mönchengladbach
Doch Bayer Leverkusen reist nicht ohne Verletzungssorgen nach Mönchengladbach. Denn neben Torwart Lukas Hradecky fallen einige weitere wichtige Spieler längerfristig aus. So laboriert der junge Defensiv- Allrounder Panagiotis Retsos an einem Sehnenteilriss im Oberschenkel. Den finnischen Sturm- Youngster Joel Pohjanpalo plagen Durchblutungsstörung im Sprungbein und noch akuter sind die Verletzungsprobleme auf der Doppelsechs. Denn sowohl das chilenische Gehirn des Leverkusener Spiels Charles Aranguiz (Knie- und Achillessehnenprobleme), als auch der Österreicher Julian Baumgartlinger (Innenbandriss im Knie), der in diesem Vergleich eher Muskel und Lunge der Leverkusener Elf darstellt, fallen aus. Selbst Özcan gibt zu, dass solche Verletzungsseuchen die Werkself trotz vorhandener Alternativen natürlich treffen: “So ein Ausfall wie der von Baumi [Julian Baumgartlinger, Anm. d. Red.] tut uns immens weh, weil er in der Verfassung bei uns kaum wegzudenken ist. Aber dafür haben wir einen ausgedehnten Kader – so riesig groß ist er auch nicht – andere Spieler werden in die Bresche springen.”
Kopf in den Sand stecken bereits vor dem ersten Bundesliga- Spiel ist aber selbstverständlich keine Alternative für den kämpferischen Torhüter. Schließlich stellen solche speziellen Belastungssituationen auch immer eine Chance für eine Mannschaft dar, zu einer noch eingeschworeneren Einheit zu werden. “Dass wir in schwierigen Situationen zusammenrücken, das hat uns vergangenen Saison auch ein Stück weit ausgezeichnet. Ich mache mir da keine Sorgen”, zeigt sich Özcan zuversichtlich.
Dass es gegen Gladbach aber dennoch ein ganz hartes Stück arbeit wird, ist dem 34-Jährigen allerdings auch bewusst. “Jeder wünscht sich einen guten Start. Aber die Bundesliga ist pickelhart, sehr ausgeglichen. Wir sind nicht die einzigen, die sieben Wochen Vorbereitung hatten Es wird ein sehr schweres Spiel”, meint Özcan mit Blick auf die Qualität im Gladbacher Kader. Am Ende kann zwischen den beiden ambitionierten Teams jeder kleine Fehler den entscheidenden Unterschied ausmachen. “Es ist halt kein Wunschkonzert. Wir werden 90, vielleicht 95 Minuten körperlich und mental brutal gefordert sein. Natürlich will keiner irgendwo hinterherrennen, wir würden natürlich am liebsten gleich mit der vollen Punktausbeute starten, aber die drei Spiele gegen Gladbach in der vergangenen Saison, hat ja jeder gesehen – es erwartet uns eine Mammutaufgabe”, stellt Özcan Fans und Team aus Leverkusen auf einen anstrengenden Samstag Abend ein.
Die letzten drei Pflichtspiele konnte Leverkusen gegen Gladbach übrigens gewinnen. Doch als Selbstverständlichkeit will Özcan den angepeilten vierten Sieg in Serie auf gar keinen Fall verstanden wissen. “Das muss uns noch mehr sensibilisieren. Gladbach wird mit etwas Wut im Bauch spielen, weil sie dreimal gegen uns verloren haben”, glaubt der Keeper viel mehr. Doch auf dem Erreichten, den zurückliegenden Siegen wird sich die Leverkusener Elf ganz sicher nicht ausruhen. Es wartet ein neues Spiel, das bei 0:0 startet. Özcan verspricht: “Wir werden uns nicht auf der Vergangenheit ausruhen.”