Jesse Marsch ist als Trainer des RB Leipzig Geschichte. Sonntag wurde der Amerikaner beim deutschen Vizemeister entlassen. Bereits am Samstagabend, nach der desolaten Leistung der Leipziger beim 1:2 gegen Union Berlin, ließ RB-Klub-Boss Oliver Mintzlaff mehr oder weniger unverblümt durchleuchten, dass der Trainer zur Disposition steht. Am Sonntag ging dann alles sehr schnell: Die Trennung von Marsch wurde bekannt gegeben, Co-Trainer Achim Beierlorzer wird interimsweise das Training bei den Bullen übernehmen. Der neue Cheftrainer werde zeitnah präsentiert, hieß es. Bei den Spekulationen, wer es denn letztlich sein könnte, fällt immer wieder ein Name: der des derzeitigen Trainers des PSV Eindhoven, Roger Schmidt.
Vizemeister Leipzig rutscht nach dem schwachen Auftritt bei Union Berlin auf den 11. Tabellenplatz ab. Leipzigs Vorstandsvorsitzender Oliver Mintzlaff machte am Samstagabend deutlich, dass er insbesondere von dem Spiel gegen Union, aber auch von der ganzen Saisonleistung seiner Mannschaft enttäuscht sei. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wurde schlicht zu groß.
Die Leipziger fanden unter Marsch keine Stabilität
Jesse Marsch, der im Sommer das Traineramt in Leipzig vom jetzigen Bayern-Coach Julian Nagelsmann übernahm, hatte einen Umbruch zu bewältigen. Denn mit Nagelsmann gingen bis zum Ende des Transferfensters auch wichtige Schlüsselspieler wie Dayot Upamecano, Marcel Sabitzer und Ibrahima Konaté.
Er stand vor der Herausforderung, die Mannschaft neu zu formen, ihr eine schlüssige Spielidee zu geben. Das ist ihm nicht gelungen. Die Spielweise der Leipziger schwankte ständig zwischen zwei Spiel-Philosophien: Spielen gegen den Ball, Gegenpressing, Umschaltspiel, oder Spielen mit dem Ball, Spielkontrolle, Ballbesitz.
So ergab sich nie die Stabilität, die die Mannschaft brauchte, um konstant gute Leistungen bringen zu können. Es gab immer wieder Lichtblicke wie das 6:0 gegen Hertha BSC Berlin am 6. Spieltag oder das 2:1 gegen Borussia Dortmund am 11. Spieltag. Auch in der Champions League schlug man sich in der superschweren Gruppe A, obwohl von vornherein chancenlos, achtbar.
Aber es gab dann eben immer wieder diese unerklärlichen Formschwankungen. Insgesamt nur 18 Punkte aus 14 Liga-Spielen waren für eine Mannschaft wie Leipzig einfach zu wenig. Nach der dritten Bundesliga-Niederlage in Folge habe man sich am Sonntag mit Marsch, wie es hieß, „einvernehmlich darauf verständigt, die Zusammenarbeit zu beenden“.
Mintzlaff: Unser Anspruch ist ein anderer
RBL-Vereinsvorsitzender Oliver Mintzlaff macht Samstagabend nach dem Union-Spiel seiner Enttäuschung Luft. Seine Mannschaft habe eine katastrophale Leistung gezeigt, so Mintzlaff. Sie sei extrem schwach gewesen, man habe keine Lösungen gefunden, jeden zweiten Ball verloren und hochverdient verloren.
RB Leipzig habe einen Kader, der zu den drei, vier besten der Liga zähle, so Mintzlaff weiter. Daraus resultierten entsprechende Ansprüche die Tabellenposition betreffend. Man werde nicht bis Weihnachten warten und hoffen, dass im neuen Jahr alles besser werde, machte Mintzlaff noch am Samstagabend deutlich. Am Sonntag zog er dann die Konsequenzen.
Beierlorzer übernimmt interimsweise
Bis ein neuer Trainer gefunden ist, soll zunächst Co-Trainer Achim Beierlorzer das Training der Bullen übernehmen; vorausgesetzt, dass er sich nach einer Corona-Infektion freitesten kann.
Er würde dann bei den Leipzigern sowohl in der Champions League-Partie gegen Manchester United, als auch bei den nächsten Bundesliga-Begegnungen gegen Gladbach am Samstag, sowie möglicherweise noch gegen Augsburg und Bielefeld am 15. bzw 18. Dezember an der Seitenlinie stehen.
Vor allem bei den Bundesliga-Spielen sollte Beierlorzer den einen oder anderen Punkt holen, um es dem Marsch-Nachfolger nicht allzu schwer zu machen. Der könnte dem Vernehmen nach übrigens Roger Schmidt heißen.
Kommt Weihnachten Roger Schmidt?
Der gegenwärtige Coach des PSV Eindhoven, Roger Schmidt, soll angeblich der Wunschkandidat der Leipziger Vereinsführung sein. Schmidt trainierte bereits erfolgreich die Mannschaften von Bayer Leverkusen und des chinesischen Hauptstadt-Klubs Beijing Guoan bevor er 2020 zu Eindhoven wechselte. Da der 54-Jährige auch schon beim RB Salzburg tätig war, kennt er die Red Bull-Philosophie aus dem Effeff.
Schmidt steht für schnörkellosen Offensivfußball, aggressives Pressing mit hoch stehender Abwehr. Ähnlichkeiten zum Spielstil, den man beim FC Bayern seit Hansi Flick pflegt, sind unverkennbar. Schmidts Vertrag bei Eindhoven läuft noch bis zum Sommer 2022. Das heißt, es wäre wohl eine Ablöse nötig.
Oliver Mintzlaff erklärte am Sonntag, man gehe davon aus, dass man vor Beginn der Rückrunde einen neuen Cheftrainer in Leipzig werde präsentieren können. Möglicherweise kommt der dann aus Eindhoven.