Last-Minute Traumtor von Kroos rettet DFB-Team

Toni Kroos
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Die Nationalmannschaft war schon so gut wie draußen bei der WM. Dann schnappt sich Kroos den Ball – und zaubert. Sein Tor in allerletzter Minute kann die Initialzündung der Löw-Elf werden.

Aus siebzehn Metern Entfernung flog der Ball in Schwedens Tor. Siebzehn Meter sind nicht viel, trotzdem erschien das gegnerische tor in der 95. Minute in Sotschi in weiter Ferne. Fast schon auf einem anderen Planeten. Viel zu oft hatten die Deutschen Schüsse auf das eckige Gehäuse der Schweden abgegeben, zu viele große Chancen verpasst. Kopf. Fuß. Pfosten. Das Ergebnis war trotzdem noch 1:1. Das Aus bei der Weltmeisterschaft war nur noch einen Pfiff entfernt.

Dann kam der letzte Freistoß an der Grenze des Strafraums. Spitzer Winkel zum Tor. Schwedens Verteidigung riesig. Kroos nahm den Ball, tippte ihn an, spielte ihn zu Reus, welcher ihn stoppte. Toni Kross schoss mit gespanntem Körper, traf mit der Innenseite und drehte ihn exakt so an, wie es sein musste. Über Schwedens Verteidigung flog der Ball hinweg, auch über den Torwart und schwebte einfach in das Netz. Tor. 2:1.

Zauberstück am Ende

Es löste nicht nur größte Freude über den Moment aus. Dieser magische Schuss könnte nun eine Initialzündung für die nächsten Tage und Wochen sein. Vielleicht hat er sogar die Gier in Joachim Löw geweckt, die innerhalb der letzten Zeit verloren schien.

Ein Unentschieden gegen Schweden hätte das Weiterkommen fast unmöglich gemacht. Als amtierender Weltmeister wäre Deutschland wahrscheinlich nach Hause gefahren und sich vollkommen blamiert. Jetzt aber, nach Kroos' Geistesblitz, sind die Nationalspieler wieder im Rennen. Mit einem Sieg gegen Südkorea kann das Team das Achtelfinale sogar aus eigener Kraft erreichen.

„Von draußen glaubte man immer noch, dass wir alles wenden können“, sagte Löw über die Schlussphase in Sotschi. Der Coach war erstaunlich gefasst, dafür dass er gerade der größten Schmach in seiner Trainerkarriere entgangen ist.

Fast wie 2006

Die 95. Minute in Sotschi erinnerte an die 94. Minute von 2006, als Neuville im Westfalenstadion das entscheidende Tor gegen Polen erzielte. Bei der Heim-WM sorgte Neuville für ein paar weitere Kapitel des „Sommermärchens“. Deutschland kam in die K.o.-Runde und zeigte in den weiteren Spielen eine gute Mannschaftsleistung. Sie konnte mit leidenschaftlichem Fußball begeistern und schied erst im Halbfinale gegen die Italiener aus.

Fehlende Struktur

Kroos, normalerweise der Uhrmacher der Deutschen, der Taktangeber, konnte dieses Mal keine Struktur aufbauen. Dennoch war der Bundestrainer zufrieden mit dem Spielleiter. „Ich habe mich für Toni gefreut, weil er ja den Fehler zum Gegentor begangen hat“, sagte Löw. „Dass er diesen Fehler in der allerletzten Minute wieder ausgleicht, hat mich wahnsinnig für ihn gefreut.“

Löw weiß, wozu seine Spieler in der Lage sind. Es spricht klar für die Größe eines Spielers, wenn er unter so großem Druck etwas so Außergewöhnliches macht. Kroos hatte bei Madrid eine recht lange Saison absolviert und Motivationsprobleme angedeutet. Belege dafür waren sein Auftritt gegen Mexiko sowie der entscheidende Fehler gegen Schweden. Daher stand Kroos in der 95. Minute kurz vor der Kreuzigung. Nun ist er dabei, heilig gesprochen zu werden.