Joachim Löw weist Mesut Özils Rassismus-Vorwürfe scharf zurück. Özil hatte zuletzt seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft via Twitter erklärt. Mit Löw selbst hat er nicht gesprochen. Löw gab zu, dass er mehrmals versucht habe, Mesut Özil zu erreichen. Doch das sei ihm nicht gelungen.
Sein Monolog dauerte 23 Minuten. Und als er sich dem Ende neigte, kam der Bundestrainer auf eine Person zu sprechen, die im Rahmen des WM-Desasters wochenlang für Schlagzeilen gesorgt hatte und sich immer noch in aller Munde befindet – Joachim Löw redete jetzt über Mesut Özil.
Am 22. Juli hatte der 29-jährige FC-Arsenal-Spieler seinen Rücktritt aus dem deutschen Nationalteam erklärt – schriftlich per Facebook und Twitter. In dieser Stellungnahme hatte er dem DFB-Präsidenten Grindel Rassismus vorgeworfen und attackierte ihn scharf.
“Viele fragten sich, wieso ich zu Özils Rücktritt keine Äußerung abgegeben habe”, erzählte Löw am Mittwoch Nachmittag: “Sein Berater rief mich an und teilte mir mit, dass Özil den letzten Teil seiner Erklärung herausgeben und zurücktreten wird. Persönlich hat mich Mesut nicht angerufen.”
“Dieses Thema zehrte Kraft”
Löw sagte, dass er in jüngster Zeit mehrmals versucht hätte, Özil zu erreichen – per Telefon und SMS. Doch das sei ihm nicht geglückt. “Wenn er sich für diesen Weg entschieden hat, dann werde ich das eben akzeptieren”, fügte Löw an: “Dieses Thema zehrte viel Kraft, es war nervenaufreibend, weil es immer wieder zurückkam. Aber das soll kein Alibi für die schlechte Leistung sein.”
Schließlich kritisierte Löw die Art seines Rücktritts und wies alle Anschuldigungen des Mittelfeldspielers in puncto Rassismus gegen den Deutschen Fußball-Bund zurück. “Mit den Rassismusvorwürfen hat er übertrieben”, meinte Löw: “In meiner Mannschaft hat es niemals Ansätze von rassistischen Äußerungen gegeben, weil wir uns immer an unseren Werten orientiert haben.”
Auch der Direktor der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, wies die Rassismusvorwürfe beim DFB und im Team zurück. Der ehemalige Stürmer betonte aber auch: “Klar ist: Ein Nationalspieler darf keine Zielscheibe für rassistische Angriffe sein!” Die Art von Özils Rücktritt “tut uns allen weh, ihm selbst ja auch”, sagte Bierhoff.
Situation schlecht eingeschätzt
Bierhoff wie Löw gaben zu, dass sie die Lage nach den Fotos mit Erdogan, Özil und Ilkay Gündogan falsch eingeschätzt haben. “Wir haben die Umstände unterschätzt”, teilte Bierhoff mit. Löw hatte die Angelegenheit nach dem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier offenbar als erledigt angesehen. Doch als Ursache für das frühe WM-Aus möchte er die Erdogan-Fotos nicht ansehen.
Lange nach dem Monolog, als Joachim Löw sich den Fragen der erschienenen Reporter stellte, merkte er noch einmal an, um welch herausragenden Fußballer es sich bei Özil handle. “Mit seiner Spielintelligenz und seiner Technik kann er Spiele alleine entscheiden. Das steht fest”, sagte Löw und ergänzte, dass er auf eine Möglichkeit zum persönlichen Gespräch mit Mesut hoffe. Er fügte außerdem hinzu, dass er sich gefreut hätte, “wenn er mal anruft, damit wir uns austauschen können. Vielleicht wird das alles ja in Zukunft passieren. Tatsächlich war ich im ersten Moment enttäuscht, dass ich von dem Rücktritt nicht persönlich erfahren habe.