Nachdem Deutschland zum ersten Mal in der Geschichte des internationalen Fußballs in der Vorrunde ausgeschieden ist, steht auch Löws Position als Chef in der Kritik. Es ist verschmerzbar, dass die Party schon vorbei ist, ehe sie überhaupt beginnen konnte – nun müssen die Strategen des DFB die Zeichen erkennen, sie richtig deuten und vor allem handeln. Ein Kommentar.
Ausgeschieden, und zwar in der Vorrunde einer Weltmeisterschaft. Was andere Favoritenmannschaften schon einige Male über sich ergehen lassen mussten, ist den Deutschen noch nie passiert. Als amtierende Weltmeister reisten sie nach Russland, mit einer klaren Ansage im Gepäck: Der Titel sollte erfolgreich verteidigt werden. Dabei verwies der Deutsche Fußball-Bund auf die fehlerlose Qualifikation. Eine sehr optimistische Haltung, wie die schwachen Vorbereitungsspiele später zeigten. Allein die Niederlage gegen Österreich war ein klares Signal, dass in der Startelf etwas unstimmig ist. Auch folgende personelle Veränderungen konnten daran nichts ändern. Doch auch in der vergangenen Saison konnte man erkennen, dass sich die zentralen Spieler der Weltmeisterschaft von 2014 nicht auf ihrem damaligen Leistungsniveau befinden, vielleicht einmal abgesehen von Boateng und Kroos. Sie trugen nicht mehr dieselbe Siegermentalität mit sich wie noch vor einigen Jahren. Womöglich haben sie ihren Zenit einfach überschritten.
Noch aussichtsloser als die Zukunft vieler Spieler der Nationalmannschaft ist die Hoffnung Reinhard Grindels, dem aktuellen DFB-Präsidenten, der nach diesem Desaster um eine harte Diskussion ebenfalls nicht drum herum kommen wird. So erklärte Grindel in der FAZ, dass ein Abschied von Trainer Joachim Löw, der einen gültigen Vertrag bis 2022 hat, selbst im Falle eines frühen Ausscheidens nicht infrage käme. Löws Leistung, die besonders durch den Triumph 2014 deutlich wurde, ist außerordentlich. Er konnte sechsmal das Halbfinale sowohl bei Welt- als auch Europameisterschaften erreichen, 2014 holte er zum vierten Mal den Weltpokal. Doch alles ändert sich irgendwann, der einstmalige Glanz erlischt. Das ist nichts Schlimmes, es ist der Lauf der Dinge.
So wie die Niederlage im russischen Kasan für die etwas in die Jahre gekommenen Weltmeister von 2014 eine Zäsur bedeutet, so kann sie auch als Karriereende einer einmaligen Generation gedeutet werden, was auch hieße, dass Löw nicht unantastbar ist. Auch seine Zukunft als Cheftrainer muss diskutiert werden. Es ist wichtig, alles zu durchdenken, da die Fehler auf vielen Ebenen passiert sind.
Er trägt die Verantwortung für das Zusammenstellen des Kaders. Er lobte die „Jugend“, vertraute ihr aber zu wenig. Zudem zeigte er Coaching-Schwächen beim Mexiko-Spiel. Auf dem Weg zum Meistertitel in Brasilien zwang ihn ein verletzter Verteidiger im Achtelfinale zu einem längst überfälligen und intern benötigten taktischen Schritt. Auch bei der Europameisterschaft 2012 war es eine falsche Aufstellung, die zur Niederlage gegen die Italiener beitrug. Wenn sich solche Fehler über einen langen Zeitraum häufen, dann passiert das, was wir nun 2014 erleben durften.
Löw darf nicht als unantastbar gelten, wenn dieses schmerzhafte Resultat von Russland der Anfang für etwas Neues, für etwas Großes sein soll, vielleicht eines nächsten Fußballfestes für Millionen Deutscher Fans. Dass die Party, eher sie richtig begonnen hat, schon vorbei ist, lässt sich verschmerzen – aber nur, wenn die Strategen im deutschen Fußball die Zeichen deuten und richtig handeln.