Obwohl es eine heftige Resonanz auf das Foto mit Erdogan von ihm und Özil gegeben hat, kann Ilkay Gündogan keinen Grund erkennen, seine aktive Karriere im Nationalteam zu beenden.
Nationalspieler Ilkay Gündogan hegt trotz der teils heftigen Reaktionen auf das bedenkliche Erdogan-Foto von Özil und ihm keine Rücktrittsgedanken.
“Wir alle konnten sehen, was für ein großer Misserfolg die WM gewesen ist. Doch für mich geht es nicht nur um Wiedergutmachung: Nach wie vor bin ich stolz, für die deutsche Mannschaft aufzulaufen. Sollte ich nominiert werden, sehe ich keinen Grund, warum ich nicht weitermachen sollte”, sagte der Mittelfeldspieler aus Manchester City im jüngsten Interview mit Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft hatte sich Gündogan gemeinsam mit Özil mit Recep Tayyip Erdogan, dem türkischen Staatschef, fotografieren lassen. “Mein Leben lang habe ich fast ausschließlich positive Erfahrungen in Deutschland gesammelt. Das möchte ich hier klar anmerken. Dennoch gibt es Leute, die das besagte Foto politisch für sich nutzen wollten. Und in diesem Kontext wurde auch die Grenze zum Rassismus teilweise überschritten.”
“Gündogan hatte durchaus Zweifel, “ob es je wieder so werden könnte wie früher”, und fügte an: “Wenn viele einen so stark attackieren, wenn einen die eigenen Fans auspfeifen und deutsche Politiker beleidigend werden, dann fängt man an, sich Gedanken zu machen. Aber ich möchte nicht davonlaufen. Ich werde mich dieser Situation stellen.”
Gündogans Reaktion auf angebliche Teamgräben
Gündogan äußert sich zu einem Bericht im “Spiegel”, nach dem es in der Nationalmannschaft eine Gruppe gegen haben soll, welche sich als “Kanaken” betitelt habe. “Natürlich hat es hier und da mal Witze über bestimmte Instagram-Postings gegeben. Das war aber immer nur Spaß und stand in keinem Zusammenhang mit Rassismus”, beschwichtigte der 27-Jährige.
Über Trainer Joachim Löw verlor Gündogan nur positive Worte: “Nach wie vor bin ich ein großer Fan von Jogi Löw – und das beziehe ich nicht nur auf das Sportliche. Ich meine auch seinen Charakter, seine Qualitäten als Führungsperson sowie seine Menschlichkeit. Im Moment kann ich mir keinen besseren Nationaltrainer als ihn vorstellen.”
Falls er für die kommenden Länderspiele am 6. und 9. September gegen Frankreich und Peru nominiert werden sollte, so hofft Gündogan auf einen offenen und freundlichen Empfang. Sollte es doch Pfiffe geben, werde er sie annehmen: “Dann sieht so eben meine Reifeprüfung aus.”
Özils Rücktritt, der ebenfalls Respektlosigkeit und Rassismus im DFB angeprangert hatte, wertet Gündogan als einen Verlust für die Mannschaft. Der Mittelfeldstar vom FC Arsenal hätte auch für ihn viel getan. “Daher hätte ich mir gewünscht, dass er einen schöneren, verdienteren Abschied bekommt.”
Weiterhin merkte Gündogan an: “Ich persönlich hätte es anders gemacht – aber ich habe auch eine andere Persönlichkeit. Ich wollte damals schon sofort eine Äußerung zum Thema abgeben, weil ich es nicht so stehen lassen konnte. Es war auch meine Idee, in den Austausch mit dem Bundespräsidenten Steinmeier zu gehen.”
Kritisch äußerte sich Gündogan gegenüber der Wertung des Ex-Nationalspielers Philipp Lahm: “Philipp Lahm muss ich allerdings widersprechen. Keiner der Spieler, die ich in der Nationalmannschaft kennenlernen durfte, hat einen egoistischen Eindruck bei mir hinterlassen. Zudem waren in Russland viele gute Spieler dabei, mit denen wir 2014 Weltmeister geworden sind. Ich sehe keine Belege für diese These.”