Normalerweise läuft es in sportlichen Wettkämpfen so, dass der Sieger seitens des Verlierers respektvoll behandelt wird. Doch die Bayern-Spieler verschwanden in ihrer Kabine noch, ehe die Frankfurter ihren Pokal bekamen. Bloß einer konnte einsam die Stellung halten.
Man hätte im besten Fall behaupten können, dass die Bayern einfach nicht gewohnt sind, zu verlieren. Sie wissen nicht, wie es ist, unterlegen zu sein, das Prozedere ist ihnen unbekannt. Doch das zu behaupten wäre zu einfach – und zu billig.
Der FC Bayern München verlor am Samstagabend das Pokalfinale gegen die Eintracht Frankfurt, worüber die Profis aus München zurecht erbost und traurig waren. Traurig, weil es ihnen nicht gelungen ist, ihrem Trainer Jupp Heynckes noch ein Double zum Abschied zu schenken. Erbost, weil es trotz Videobeweises vom Schiedsrichter keinen Strafstoß gab, obwohl es einen hätte geben müssen. Die Bayern waren also, auf den Punkt gebracht, nicht in bester Laune.
Dass nahezu alle Spieler in die Kabine fliehen, gleich nachdem sie ihre Silbermedaille erhalten, war ein Angriff. Ein Angriff auf gute Sitten, auf das Fairplay und vor allem auf den Gegner aus Frankfurt.
Normalerweise läuft es nach Pokalendspielen so, dass der Sieger für den Verlierer Spalier steht und Applaus gibt, danach wird das Ganze umgekehrt noch einmal zelebriert. So erweisen sich beide Teams die Ehre auf dem Rasen. Samstags hingegen mussten sich die Frankfurter mit dem Klatschen der Zuschauer begnügen. Denn die Spieler aus München waren schon weg.
Nur ein feiner Sportsmann ist geblieben, Manuel Neuer stand da und erwies den Gegnern seinen Respekt. Damit zeigte er, dass der Ritus vor einer Siegerkrönung den Bayern nicht vollkommen fremd sein kann. Daher greift auch die Ausrede des Trainers zu kurz, indem er von einem „Missverständnis“ spricht: „Ich muss offen zugeben, dass wir einfach nicht daran gedacht haben.“ Immerhin reichte er seine Glückwünsche nach.
Quälerei auf dem Balkon
So wie der Bayern-Kader abging, passte es wunderbar ins Gesamtbild. Viel zu oft ritt man nach Spielende auf dem nicht gegebenen Strafstoß herum. Auf jeden Fall handelte es sich dabei um eine Fehlentscheidung, doch diese sollte nicht völlig überdecken, dass die Münchener schlichtweg eines der schwächsten Spiele der Saison abgeliefert hatten und die Frankfurter hingegen alles gaben, um sich gegen die vermeintlich große Unterlegenheit zu stemmen.
Jedenfalls kann Bayern zugute gehalten werden, dass sie tatsächlich nicht routiniert im Verlieren sind. Es ist dennoch schade: Denn auf diese Weise verpassten sie eine tolle Gelegenheit, zu beweisen, dass ihre Größe nicht nur sportlicher Natur sind. Die gebührende Strafe bekommen sie heute, indem sie zur Meisterfeier auf dem Rathausbalkon erscheinen müssen.
Vorauszusehen ist, dass es sich um eine recht freudlose Jubelfeier handeln wird. Definitiv hatte die Vereinsgeschichte in Vergangenheit mehr zu bieten, sodass nun von einem Tiefpunkt gesprochen werden kann. Für das nächste Jahr empfiehlt sich – natürlich nur, wenn es für die Finalteilnahme rechen sollte: Ein kleiner Blick ins Fußball-Knigge könnte helfen, um sich mit dem vertraut zu machen, was sich gehört. Denn eines bleibt auch im modernen Sport unverändert: An Niederlagen lässt sich die innere Größe eines Menschen wirklich ablesen.