In der Fußball-Bundesliga herrscht gerade das komplette Chaos. Das Coronavirus hat sämtliche Planungen durchkreuzt, alles steht still. Offiziell hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) zwar vorerst nur die Partien bis Anfang April ausgesetzt, tatsächlich dürfte die Pause aber deutlich länger dauern. Im Grunde steht einzig die Frage im Raum: Kann die laufende Saison 2019/2020 noch irgendwie zu Ende gespielt werden? Oder steht uns allen das Undenkbare bevor und die Spielzeit wird abgebrochen? Wirkliche Antworten gibt es aktuell nicht, aber es vermehren sich düstere Anzeichen. Gut möglich, dass alles annulliert wird – und erst im Herbst wieder der Ball in der komplett neuen Saison rollt. Das hätte auf die sportlichen Entscheidungen natürlich massive Auswirkungen.
Inzwischen gibt es immer mehr Experten, die eine Fortsetzung der Bundesliga-Saison für ausgeschlossen halten. Dazu gehört auch der renommierte Virologe Jonas Schmidt-Chanasit, der am Donnerstag im NDR deutliche Worte fand.
Fußball wichtiger Faktor bei der Virus-Ausbreitung
“Ich gehe ganz fest davon aus, dass erst im Jahr 2021 wieder in vollem Umfang Profifußball gespielt werden kann. Es ist völlig unrealistisch, dass die jetzige Saison zu Ende geführt werden kann. Man muss sich nur die Lage in Europa anschauen. Dann weiß man, was uns noch bevorsteht”, so der Experte des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg.
Laut Schmidt-Chanasit spielt der Fußball sogar eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Pandemie: “Selbst wenn wir es jetzt schaffen, die Fallzahlen auf einem verträglichen Niveau zu halten. Dann heißt das noch lange nicht, dass der Profifußball weiter gehen kann, denn das würde die Situation sofort wieder verschärfen.” Der Fußball habe als Massen-Event einen großen Einfluss auf die Dynamik des Virus.
DFL will Geisterspiele durchziehen
Sollte die Prognose des Mediziners eintreffen, wäre das aus wirtschaftlicher Sicht der Super-GAU für viele Vereine. Schon jetzt ist der finanzielle Druck enorm. Es fehlen die Einnahmen aus Ticketverkäufen und der TV-Vermarktung. Für die Clubs in den drei Profiligen geht es um die nackte Existenz.
Die Verantwortlichen der Vereine und der DFL haben daher klar gemacht, dass der Spielbetrieb so schnell wie möglich wieder laufen soll – egal unter welchen Umständen. Die Saison soll durchgezogen werden, notfalls den ganzen Sommer über und komplett ohne Zuschauer in den Stadien. “Geisterspiele werden die einzige Option sein”, hat BVB-Boss Hans-Joachim Watzke in dieser Woche unterstrichen.
Sportliche Entscheidungen stehen komplett in Frage
Letztlich geht es auch um etwa 80.000 Arbeitsplätze, die der Profifußball in Deutschland beheimatet. Da geht es eben nicht nur um die Spieler mit ihren üppigen Verträgen, sondern auch um Bratwurst-Verkäufer, Putzfrauen und Busfahrer. Der Fußball hat für viele Menschen einen extremen Stellenwert und ist eigentlich “too big to fail”, wie es im schlimmsten Business-Sprech heißt.
Sollte das Coronavirus die Republik aber noch über Monate im Würgegriff halten, sind alle Gedankenspiele hinfällig. Dann hätte niemand Verständnis dafür, dass der Fußball seine Interessen durchdrücken will. Interessant wird dann, was ein Saison-Abbruch für die sportlichen Entscheidungen bedeutet. Wird Arminia Bielefeld dann beispielsweise um den Aufstieg betrogen? Und darf der SC Paderborn dann einfach so in der ersten Liga bleiben? Es warten spannende Wochen und Monate.