Die Coronakrise hat die Fußball-Bundesliga kalt erwischt und innerhalb weniger Wochen existenzielle Sorgen bei vielen Clubs ausgelöst. Das wiederum trifft in der Öffentlichkeit auf breites Unverständnis. Wie kann die Luft für eine Branche so schnell so dünn werden, die in den vergangenen Jahren mehrere Milliarden gescheffelt hat? Christian Heidel versteht die Kritik an den kapitalistischen Auswüchsen des Profifußballs nicht. Der ehemalige Sportchef vom FC Schalke 04 wirft den Außenstehenden eine naive Sichtweise vor. Die Vereine seien mehr oder weniger gezwungen wurden, die gigantischen Summen fortlaufend wieder zu investieren.
Mitten in der Coronakrise ist der Profifußball in Deutschland massiv in die Kritik geraten. Fast überall in der Republik sind Schulen und Kindergärten weiterhin geschlossen, in der Bundesliga soll es aber schon ab dem 15. Mai weitergehen. Dafür hat nicht jeder Verständnis. Zumal die DFL (Deutsche Fußball Liga) vor allem mit den wirtschaftlichen Nöten der Vereine argumentiert.
Schalke steht das Wasser bis zum Hals
Dies wirft allerdings Fragen auf. Warum reichen schon acht Wochen ohne Spielbetrieb, um gleich mehrere Clubs an den Rande der Insolvenz zu bringen? Was läuft da im großen Zirkus Profifußball falsch? Die Krise hat schonungslos offen gelegt, dass die große Mehrheit der Vereine in der ersten und zweiten Liga alles andere als seriös wirtschaftet.
Die komplette Saison ist auf Kante genäht. Einige Clubs haben sogar schon die letzte Rate der TV-Gelder vorab verpfändet, um laufende Kosten zu decken. Mit Werder Bremen und Schalke 04 sind auch zwei absolute Traditionsvereine betroffen, ihnen steht das Wasser bis zum Hals.
Heidel hält Kritiker für naiv
Bis vor einem guten Jahr war Christian Heidel noch der starke Mann auf Schalke, nach einer sportlichen Talfahrt erklärte der damalige Sportvorstand dann aber seinen Rücktritt. In einem aktuellen Interview mit der Funke Mediengruppe hat Heidel die scharfe Kritik an der Bundesliga jetzt zurückgewiesen.
“Fakt ist, dass in den letzten Jahren erhebliche Summen in den Fußball gespült wurden. Und was erwarten denn die Leute? Dass ein Verein mal eben 30 Millionen Euro aufs Bankkonto legt – falls eine Pandemie eintritt? Bei sportlichen Problemen gäbe es dann doch sofort einen Volksaufstand. Da würde niemand verstehen, warum das Geld nicht in die Mannschaft investiert wird”, so Heidel.
Brechen die Ablösesummen doch nicht ein?
Der 56-Jährige rechnet im Gegensatz zu vielen Experten auch nicht, dass Gehälter und Ablösesummen dauerhaft einbrechen werden: “Am Ende wird der Markt doch trotzdem wieder alles bestimmen. Im kommenden Transfersommer werden sich die Clubs noch zurückhalten. Vielleicht auch noch 2021 – aber danach geht alles normal weiter wie vor Corona.”
Dass die Bundesliga den Spielbetrieb wohl schon am 15. Mai wieder aufnehmen darf, findet Heidel nur gerecht. Die DFL (Deutsche Fußball Liga) habe als einzige Branche in Deutschland ein eigenständiges Rettungskonzept ausgearbeitet.
Neustart der Bundesliga steht kurz bevor
Ob der Startschuss wirklich schon am übernächsten Wochenende fällt, wird die Politik wohl am Mittwoch (6. Mai) bekannt geben. Gerüchten zu Folge sollen die Behörden aber eine 14-tägige Quarantäne für die Teams vorschreiben, bevor das erste Geisterspiel angepfiffen werden darf. In diesem Fall würde sich der Neustart wohl um eine Woche auf den 22. Mai verschieben.