Als der FC Bayern München nach drei Spieltagen mit 15:1-Toren die Tabelle der Bundesliga schon wieder überlegen anführte, schien die Saison 2022/23 frühzeitig den gewohnten und auch allseits wieder erwarteten Gang zu nehmen. Seitdem aber haben die Münchner gegen Borussia Mönchengladbach (1:1), beim 1. FC Union Berlin (1:1), gegen den VfB Stuttgart (2:2) und beim FC Augsburg (0:1) vier Mal in Folge nicht gewinnen können, sodass aktuell nur der fünfte Platz zu Buche steht. Spätestes mit der Niederlage in Augsburg, wo die Bayern nach 87 Bundesliga-Spielen mit mindestens einem Treffer erstmals wieder ohne eigenes Tor blieben, herrscht an der Säbener Straße Krisenstimmung.
Die Mienen der Verantwortlichen beim obligatorischen Oktoberfest-Besuch am Sonntag sprachen Bände und verstärkten den Eindruck, dass beim Rekordmeister im September 2022 einiges im Argen liegt.
Liegt es wirklich nur am Abgang von Robert Lewandowski?
Doch wo genau sind die Probleme zu verorten? Klar scheint, dass es nicht nur eine Stelle gibt, an der es merklich hakt.
Sicherlich dazu gehört der Angriff, wo anders als nach den ersten furiosen Spielen erhofft und auch angenommen, der Abgang von Robert Lewandowski zum FC Barcelona eben doch nicht ohne Weiteres zu kompensieren ist.
Die ohne den langjährigen Torgaranten flexiblere Ausrichtung mit zwei beweglichen Spitzen, die überdies immer wieder mit zwei weiteren, in ihrem Bewegungsradius relativ freien Offensivspielern rotieren, sorgte anfänglich für einen Überraschungseffekt, der sich zuletzt aber schon nicht mehr einstellte.
Topstar in der Formkrise: Sadio Mané fremdelt
Zu den besser eingestellten Gegnern kommt hinzu, dass den aufgestellten Offensivkräften in den letzten Wochen der Killerinstinkt eines Lewandowski fehlte. Bei den nicht gewonnenen Partien wurden teils beste Gelegenheiten leichtfertig vergeben.
Anteil daran hatte auch Sadio Mané, der nach ansprechendem Start mittlerweile fast wie ein Fremdkörper um Bayern-Spiel wirkt, in jedem Fall noch nicht so integriert ist, wie es sein müsste, um Top-Leistungen zu bringen.
Dass der senegalesische Neuzugang vom FC Liverpool von den Verantwortlichen inzwischen nicht mehr unbedingt als zentraler Angreifer, sondern eher auf seiner jahrelangen Paradeposition auf dem Flügel gesehen wird, macht eine der sommerlichen Fehleinschätzungen umso deutlicher.
Upamecano patzt, die Abwehr ist löchrig
Zum derzeit nicht funktionierenden Sturm kommt eine trotz erst sechs Gegentoren in sieben Spielen längst nicht immer sattelfeste Defensive, woran wiederum das gesamte Team beteiligt ist.
Dem FC Bayern fehlt es zumindest phasenweise an der nötigen Geschlossenheit und auch am unbedingten Willen jedes Spielers, sich komplett auch im Spiel gegen den Ball zu 100 Prozent einzubringen.
Dazu gesellen sich immer wieder Nachlässigkeiten, die in leichte Ballverluste und Fehlpässe münden. Der von Klubboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic zumindest zwischen den Zeilen geäußerte Verdacht, dass in der Bundesliga anders als in der Champions League zuweilen der Fokus fehlt, ist angesichts dessen nicht von der Hand zu weisen.
Es hagelt Kritik: Trainer Julian Nagelsmann im Blickpunkt
Schließlich spielt sicherlich auch eine Rolle, dass das Verhältnis zwischen Trainer Julian Nagelsmann und der Mannschaft nicht mehr ungetrübt sein soll.
Im Team, wie auch teilweise auf der Führungsebene, soll man sich an der oft recht offensiven Außendarstellung des 35-jährigen Fußball-Lehrers stören. Zudem werden der Führungsstil und die Art und Weise der internen Kommunikation nicht unkritisch gesehen.
So mancher Beobachter zieht deshalb bereits Parallelen zur Ära Niko Kovac, der im Herbst 2019 den Zugang zur Mannschaft verloren hatte und gehen musste, ehe Hans-Dieter Flick das gleiche Team zum Triple führte.
Noch stehen die Bayern-Bosse zwar in der Öffentlichkeit uneingeschränkt zu Nagelsmann, doch bleiben in den nächsten Spielen die Ergebnisse weiter aus, dürfte die Unruhe weiter zunehmen und auch der Druck auf Kahn und Co. größer werden.