Mit zehn Punkten aus den vorhergegangenen vier Spielen war Borussia Mönchengladbach eigentlich auf einem guten Weg hin zu einem einigermaßen versöhnlichen Saisonende und hätte mit einem Derbysieg gegen den 1. FC Köln nicht nur den Rückstand auf den Erzrivalen aus der Domstadt auf drei Zähler halbieren können, sondern sogar vielleicht noch einmal an die internationalen Ränge heranschnuppern können. Doch dann lieferte die Fohlen-Elf am Samstag im heimischen Borussia-Park eine ganz schwache Vorstellung ab und unterlag den Geißböcken mit 1:3. Nach dem 1:4 im November in Köln die zweite schmerzhafte Derbypleite, die der Anhang der Mannschaft und Trainer Adi Hütter reichlich übel genommen hatte.
Eine Gruppe von Fans war nach Spielschluss in Begriff, die Kabine zu stürmen, um die Spieler zur Rede zu stellen, wurde aber von der Polizei letztlich ausgebremst.
Die Ereignisse im Nachgang der Derbypleite aber machten deutlich, dass der jüngste Positivlauf eine verkorkste Saison nur notdürftig übertünchen konnte und bei der Borussia, die jahrelang als Vorzeigeklub galt, einiges im Argen liegt.
Mannschaft bekommt im Sommer ein komplett neues Gesicht
Seit dem Abschied von Manager Max Eberl Ende Januar, dessen Name eng mit den Erfolgen des zurückliegenden Jahrzehnts verbunden ist, fürchten in Mönchengladbach nicht wenige, dass künftig wieder das Mittelmaß oder vielleicht sogar die untere Tabellenhälfte zur Heimat der Borussia wird.
Gladbach wird im Sommer mit Matthias Ginter einen Nationalspieler mit Vertragsablauf ablösefrei verlieren und andere Stars verkaufen wird müssen, um weitere Verluste zum Nulltarif ein Jahr später zu vermeiden.
Was passiert mit dem Offensiv-Trio Plea, Thuram und Embolo?
So sind etwa die Angreifer Alassane Plea, Marcus Thuram und Breel Embolo allesamt nur bis 2023 gebunden, ebenso mit Yann Sommer, Ramy Bensebaini, Christoph Kramer, Lars Stindl und Jonas Hofmann weitere, teils langjährige Leistungsträger.
Weil zum zweiten Mal in Folge ein internationaler Wettbewerb verpasst wird und somit keine Zusatzeinnahmen fließen, muss die Borussia Transfererlöse erzielen und den Gürtel den Gehaltsetat betreffend enger schnallen, um selbst investieren zu können. Chefscout Steffen Korell freilich hat in diesem Zusammenhang schon angekündigt, dass der Kader an Qualität verlieren wird.
Offenes Gespräch zwischen Virkus und Hütter: Trennung nach der Saison?
Eberl-Nachfolger Roland Virkus ist aufgrund der Fülle und Schwere der Aufgaben nicht zu beneiden und muss in den nächsten Wochen einige richtige Entscheidungen treffen, um den aktuell negativen Trend umzukehren.
Zu den kniffligsten Fragen zählt dabei die nach der Zukunft von Trainer Hütter, der zwar noch einen Vertrag bis 2024 besitzt, dessen Verbleib aber nach einem enttäuschenden Jahr nicht sicher scheint.
Hütter soll sich zum Verein bekennen
Auch deshalb nicht, weil der Österreicher nicht den bei seiner Verpflichtung versprochenen Einfluss auf die Kadergestaltung nehmen konnte. “Die Voraussetzungen, unter denen Adi Hütter seine Zusage gegeben hat, waren andere, das ist richtig”, erklärte Virkus im Interview mit dem kicker.
Virkus kündigte zugleich ein wegweisendes Gespräch mit dem Coach an: “Deswegen werden wir uns in Ruhe zusammensetzen. Und uns dabei gegenseitig tief in die Augen schauen und absolut offen über alles sprechen. Nimmt der Trainer die veränderten Bedingungen an? Wie sehen seine Transferwünsche aus? Kann er sich mit den Zielen des Klubs identifizieren? Das müssen wir klären. Um am Ende einen gemeinsamen Weg zu finden.”
Gladbach wird es wohl mit einem neuen Trainer versuchen
Virkus betont zwar auch, mit Hütter grundsätzlich in die neue Saison gehen zu wollen, doch sollte es in den nächsten Wochen weitere Enttäuschungen setzen und keine Wiedergutmachung für die erneute Derbyniederlage gelingen, ist nichts auszuschließen. Einen Nachfolger zu finden, der die Borussia wieder in höhere Sphären führen kann, dürfte indes nicht einfach werden.
Wie man von Insidern rund um Borussia Mönchengladbach hört, ist eine Trennung von Hütter nach der laufenden Saison wahrscheinlich. Die Borussia will einen Neustart auf allen Ebenen. Und das Verhältnis zwischen Hütter und großen Teilen der Mannschaft soll nachhaltig beschädigt sein.