Als der FC Schalke 04 am 7. Oktober die Trennung von Jens Keller offiziell bekannt gab, hatte der Revierclub seinen sechsten Trainer innerhalb von nur fünf Jahren verschließen. Während seiner 22-Monatigen Tätigkeit war Keller nie unumstritten und konnte der Mannschaft auch keine Konstanz verleihen.
Letztlich scheiterte er einerseits an den teilweise überdimensionierten Erwartungen auf Schalke, andererseits aber auch daran, dass er es nicht vermochte, die einzelnen Spieler besser zu machen und so die Mannschaft als Ganzes voranzubringen.
Seine Nachfolge trat der Sohn italienischer Gastarbeiter und gebürtige Schweizer Roberto di Matteo an. Vor allem den Fans des FC Bayern München dürfte der 44-Jährige Übungsleiter ein Begriff sein, denn er war es, der mit dem FC Chelsea im Champions League Finale 2012 die überlegenen Bayern in der heimischen Allianz Arena mit 4:5 nach Elfmeterschießen ins Tal der Tränen stürzte.
Wer ist der neue Trainer an der Seitenlinie?
Neben dem Titel in der Champions League gewann di Matteo mit dem FC Chelsea, den er bis November 2012 trainierte, auch den FA Cup, nachdem er vom Assistenten des entlassenen Andre Villas-Boas zum Cheftrainer der Blues befördert worden war. Zuvor trainierte er bereits die Milton Keynes Dons und West Bromwich Albion, mit denen er gleich in der ersten Saison in die Premier League aufsteigen konnte. Vor seiner Trainerlaufbahn und nachdem ihn eine schwere Beinverletzung zum Beenden der aktiven Karriere im Jahr 2002 zwang, war er mehrere Jahre als TV-Fußballexperte in England und der Schweiz aktiv. Auch als Spieler feierte der gelernte Mittelfeldspieler und zum Innenverteidiger umgeschulte di Matteo mit dem Pokal der Pokalsieger seinen größten Erfolg mit dem FC Chelsea. Ausgebildet wurde er beim FC Schaffhausen in der Schweiz von wo aus er schließlich den Weg über den FC Zürich, den FC Aarau und den AS Rom nach London fand. Für die italienische Nationalmannschaft absolvierte er 34 Partien und schoss dabei zwei Tore.
Sein Einstand beim FC Schalke 04
Im Samstagabendspiel des achten Spieltags feierte di Matteo mit einem 2:0-Sieg gegen Hertha BSC einen erfolgreichen Einstand in seinem ersten Bundesligaspiel. Gegen die Berliner veränderte der neue Coach sein Team im Vergleich zum 1:2 gegen Hoffenheim auf drei Positionen. Während Kevin-Prince Boateng die Spielmacherposition einnahm, bildete Kaan Ayhan und Benedict Höwedes das Innenverteidiger-Pärchen. Besonders Letzt genannter zeigte eine starke Leistung und steht stellvertretend für die Philosophie des neuen Trainers – taktisch klug, konzentriert und nüchtern. Bei di Matteo steht die Defensive an erster Stelle. Dies zeigt sich auch daran, dass die Berliner die dominierende Mannschaft waren, aber ihr Plus an Ballbesitz nicht in zwingende Torchancen ummünzen konnten. Die Schalker hingegen konnten sich im Sturm wieder auf die Qualität von Klaas Jan Huntelaar verlassen, der nach schöner Flanke von Julian Draxler zum 1:0 stark einnickte, nachdem er zuvor bereits eine Großchance ausgelassen hatte. Das zweite Tor erzielte Draxler mit einem abgefälschten Schuss selbst.
Obwohl di Matteo die Mannschaft erst seit knapp zwei Wochen trainiert, scheint das Team seine Vorstellungen von Fußball bereits verstanden zu haben und auch umsetzen zu können. Dass dieser Spielstil nichts für Fußballästheten ist und den neutralen Zuschauer nicht vom Hocker reißt, wie etwa der Hurra-Fußball à la Bayer Leverkusen, versteht sich von selbst. Doch mit dieser Taktik konnte di Matteo bereits die Champions League gewinnen und solange die Ergebnisse auch auf Schalke stimmen, hat der neue Trainer alle Argumente auf seiner Seite. Die harmlosen Herthaner waren sicherlich noch kein Gradmesser, doch schon am Dienstag wartet in der Champions League Sporting Lissabon und am Samstagabend gastieren die Schalker bei der Werkself in Leverkusen. Spätestens dann wird sich zeigen, ob die Mannschaft um Kapitän Höwedes die Taktik ihres Trainers auch gegen spielstarke Mannschaften umsetzten und di Matteo möglicherweise eine lange Ära als Trainer auf Schalke prägen kann.