Nicht in vielen Ländern würde nach einem hochverdienten 4:0-Erfolg in der EM-Qualifikation eine derart deprimierende Stimmung unter den Fußballfans und -experten herrschen. Doch Deutschland ist nicht irgendein Land, sondern es ist die Nation des amtierenden Fußballweltmeisters und diesen Fakt sollen dann doch bitte auch die Spielweise und das Ergebnis widerspiegeln. So oder so ähnlich lautet die derzeitige einhellige Meinung in den Medien, aber auch bei den Verantwortlichen der Nationalmannschaft.
Alles auf Anfang
Doch die WM ist vorbei und das Sommermärchen 2014 ausgeträumt. Von den dortigen Erfolgen kann sich das Team von Cheftrainer Jogi Löw nichts mehr kaufen – auch wenn der Gedanke an Mario Götzes Tor in der Nachspielzeit des Finales bei den meisten Fans noch heute Gänsehaut hervorrufen dürfte. Schon im ersten Freundschaftsspiel nach dem WM-Titel gegen die Argentinier, die auch im WM-Finale der Gegner waren, zeigte sich bei der 2:4-Niederlage, dass man sich auch als Weltmeister seine Lorbeeren immer wieder aufs Neue verdienen muss. Ebenso wusste die deutsche Nationalmannschaft in den bisherigen EM-Qualifikationsspielen nicht wirklich zu überzeugen. Auf den knappen 2:1-Arbeitssieg im ersten Spiel gegen Schottland folgte eine 0:2 Niederlage in Polen – trotz klarer Überlegenheit. Den nächsten Rückschlag gab es in der Partie gegen Irland (1:1), die einen sicher geglaubten Sieg der Deutschen in der Nachspielzeit zunichtemachten. Deshalb forderte Löw von seinen Jungs vor der Begegnung mit Gibraltar ein Spiel, „das eines Weltmeisters würdig ist.“
Das Spiel gegen Gibraltar
Während vor der Partie nur darüber diskutiert wurde, wie hoch das Ergebnis wohl ausfallen und ob es endlich wieder einmal zweistellig sein würde, musste sich die DFB-Elf nach dem Spiel für ein mageres 4:0 gegen den krassen Außenseiter Gibraltar rechtfertigen. Bei dem ideenlose und uninspirierte Auftritt seiner Mannschaft, in der Thomas Müller (12., 29.), Mario Götze (38.) und Santos (67., Eigentor) trafen, kritisierte Löw vor allem das fehlende Tempo und die mangelnde Chancenverwertung. Indirekt nahm er sich auch Lukas Podolski und Max Kruse zur Brust, für die die Partie gegen Gibraltar eine Chance gewesen wäre, sich aufzudrängen und zu beweisen. Beide konnten sich aber nicht für höhere Aufgaben empfehlen.
Das Problem der Nationalmannschaft
Wie schon so viele Mannschaften ist auch das DFB-Team nach einem großen Erfolg in ein Loch gefallen und muss nun versuchen sich daraus zu befreien. In den EM-Qualifikationsspielen haperte es vor allem an der Chancenverwertung. Diese lässt sich auf der einen Seite durch Konzentrationsmängel und auf der anderen Seite durch das verletzungsbedingte Fehlen einiger Offensivspieler erklären. Etwa die Torgefahr eines Marco Reus oder Andre Schürrle, genau wie die Ideen eines Mesut Özils, würden dem deutschen Spiel – besonders gegen defensive und tiefstehende Gegner – mehr Optionen und Überraschungsmomente ermöglichen. Alle diese Spieler dürften im nächsten Qualifikationsspiel glücklicherweise wieder zur Verfügung stehen.
Es ist also noch nicht zu spät für Löw das Ruder in der EM-Qualifikation noch herumzureißen. Mit sieben Punkten aus vier Spielen liegt man in der Gruppe D zwar nur auf dem dritten Rang, aber der Spitzenreiter Polen hat nur drei Punkte mehr auf dem Konto. Auch der Buchmacher Tipico sieht die Deutschen mit einer Quote von 1,20 weiterhin als Favorit auf den Gruppensieg. Es folgt Polen mit der Quote 6,00. Geht man nach Ladbrokes.com, so ist das DFB-Team (Quote: 4,50) sogar heißester Kandidat auf den EM-Titel – vor Frankreich (6,00) und Spanien (7,00).
Der Jahresabschluss
In diesem Jahr bestreitet die deutsche Nationalelf abschließend noch ein Freundschaftsspiel gegen Spanien, in dem sie sich rehabilitieren und mit einem Sieg zeigen können, dass mit dem amtierenden Weltmeister nach wie vor zu rechnen ist. Gleichzeitig würden sie den Buchmacher Bet365, der Spanien (Quote: 2,15) gegenüber Deutschland (3,40) favorisiert, eines Besseren belehren.