Es war schwerer als erwartet, aber am Ende feierte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag einen glatten 3:0-Sieg beim krassen Außenseiter in Estland. Brenzlig wurde es vor allem deshalb, weil Emre Can bereits nach 14 Minuten die Rote Karte sah – niemals in der Geschichte ist ein deutscher Nationalspieler in einem Länderspiel früher vom Platz geflogen. Erst in der zweiten Hälfte erholte sich die DFB-Elf von diesem Schock, ein Doppelpack von Ilkay Gündogan brachte Deutschland schließlich auf die Siegerstraße. Die drei Punkte waren für die EM-Qualifikation enorm wichtig, denn in der Gruppe C bleibt es eng. Deutschland und Holland liegen nun drei Zähler vor Nordirland.
Trotz des Sieges in Estland bleibt Deutschland in der Qualifikationsgruppe nur Zweiter hinter den Niederlanden, die am Wochenende mit 2:1 in Weißrussland gewannen. Die beiden Teams sind zwar punktgleich, aber Holland hat den direkten Vergleich gewonnen. Sollte die Konstellation in der Tabelle so bleiben, hätte das Auswirkungen auf die EM-Endrunde. Die Gruppenersten werden bei der Auslosung am 30. November aufgrund der Topf-Einteilung wohl leichtere Gegner in der Vorrunde bekommen.
DFB-Team wackelt in der ersten Halbzeit
Soweit dachte im deutschen Lager nach der Partie in Tallinn aber niemand. Zu groß war die Erleichterung über den letztlich souveränen Pflichtsieg gegen den Tabellenletzten, denn bis zur Halbzeit war Zittern angesagt. Auslöser für eine teilweise chaotische Hälfte war der Platzverweis für Emre Can.
Rekord-Rot für Emre Can
Nach einer Unkonzentriertheit hatte Can sich an der deutschen Strafraumgrenze von Liivak den Ball abnehmen lassen. Der Stürmer der Esten wäre frei vor Manuel Neuer gewesen, wenn Can ihn nicht umgehend mit einer Grätsche niedergestreckt hätte. Die Rote Karte war absolut korrekt – und gleichzeitig ein Rekord. Noch nie gab es in einem Länderspiel einen früheren Platzverweis für Deutschland.
Reus setzt Freistoß ans Lattenkreuz
Das DFB-Team wirkte jetzt komplett verunsichert und hatte Glück, dass die Gastgeber nach einer Ecke nicht in Führung gingen. Abwehrspieler Karol Mets kam frei zum Schuss, setzte das Leder aber knapp über den Querbalken (18.). Deutschland hatte zwar weiterhin klar mehr Ballbesitz, war aber völlig ineffizient. Die beste Gelegenheit hatte Marco Reus, dessen Freistoß ans Lattenkreuz knallte (41.).
Gündogan erlöst das DFB-Team
“Wir mussten uns in der Halbzeit erstmal sammeln”, so Reus später. Und tatsächlich kam die deutsche Mannschaft deutlich strukturierter und zielstrebiger aus der Kabine. Und dann half auch ein bisschen Glück: Zwei Mal zog Ilkay Gündogan aus der Distanz ab, zwei Mal wurde der Ball unhaltbat abgefälscht (51./57.). Deutschland führte plötzlich mit 2:0, erst jetzt verstummten auch die deutlich hörbaren “Löw raus!”-Rufe der deutschen Fans.
Timo Werner trifft wieder
Den Schlusspunkt setzte schließlich Timo Werner, der nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung das 0:3 erzielte (71.). Vorausgegangen waren ein herausragender Pass von Ilkay Gündogan, der damit endgültig zum Matchwinner wurde. “Ich bin froh, dass mir heute ein Treffer gelungen ist. In der Nationalmannschaft lief es in den letzten Monaten ja nicht so rund für mich”, kommentierte Werner später sein Erfolgserlebnis.
Löw optimistisch
Zum Abschluss der EM-Qualifikation stehen für Deutschland jetzt noch die beiden Heimspiele gegen Weißrussland (16. November in Mönchengladbach) und Nordirland (19. November in Frankfurt) an. “Diese beiden Partien wollen und werden wir gewinnen. Und dann schauen wir mal, was Holland macht”, so Bundestrainer Joachim Löw.