Eine gewisse Portion Glück war nötig, aber am Ende war der Erfolg nicht unverdient: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat am Montag durch einen 2:0-Sieg in Nordirland einen großen Schritt in Richtung EM-Qualifikation getan. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw führt die Tabelle der Gruppe C jetzt an, der Sprung zur Endrunde dürfte nur noch Formsache sein. Die großen Defizite der Mannschaft waren aber auch in Belfast nicht zu übersehen, vor allem die erste Halbzeit war phasenweise unterirdisch. Mit der aktuellen Truppe ist Deutschland auf jeden Fall kein Kandidat auf den EM-Titel, das dürfte feststehen.
“Der Weg zurück in die Weltspitze ist nicht so leicht. Das geht nicht so einfach wie manche sich das vorstellen. Die Holländer haben dafür drei Jahre gebraucht”, so klang die Einordnung von Cheftrainer Joachim Löw nach dem schwachen Auftritt seiner Mannschaft in Nordirland.
Diese Mannschaft hat zu viele Defizite
Die 90 Minuten von Belfast in Verbindung mit der völlig verdienten 2:4-Pleite gegen Holland am vergangenen Freitag, das ergibt weniger als ein Jahr vor der Europameisterschaft durchaus ein besorgniserregendes Bild. Der deutschen Elf fehlt es an Robustheit, an defensiver Stabilität und an Dynamik im Offensivspiel.
Nur elf Einzelspieler
“Wir müssen und noch einspielen”, sagte Löw und dieser Nebensatz hatte viel Wahrheit. Die deutsche Nationalmannschaft im Herbst 2019 wirkt wie eine Ansammlung von Individualisten, die zum ersten Mal zusammen auf dem Platz stehen. Man sieht keine Automatismen, die Laufwege passen nicht, die Abstimmung in den Mannschaftsteilen ist ein Desaster.
Neuer rettet schon nach sieben Minuten
Es war erschreckend, wie die stürmischen Nordiren die DFB-Elf in der ersten Halbzeit phasenweise überrannten. Nach einem katastrophalen Bock von Toni Kroos tauchte Washington plötzlich alleine vor Manuel Neuer auf, scheiterte aber am deutschen Schlussmann (7.).
Aber selbst danach wachte Deutschland nicht auf. Getragen von einem leidenschaftlichen Publikum ging Nordirland ein irrsinniges Tempo und ließ die deutsche Elf überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. Erst kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit gelang mal eine passable Kombination, aber Timo Werner vergab die beste DFB-Chance kläglich (45.).
Deutschland nach der Pause wie verwandelt
Löw reagierte auf den schwachen Auftritt im ersten Durchgang und ordnete die Offensive in der Pause neu. Mehr Läufe in die Tiefe, mehr vertikale Pässe – so die Forderung des Bundestrainers. Und tatsächlich spielte die deutsche Elf in der Viertelstunde nach dem Seitenwechsel wie verwandelt.
Nordirland kam kaum zum Luft holen, die DFB-Elf kombinierte sich fast minütlich durch die Abwehr der Gastgeber. Wenn es nicht ständig an der Präzision beim letzten Pass oder Torabschluss gemangelt hätte, dann wäre die Partie nach dieser Phase bereits entschieden gewesen.
Herrlicher Treffer von Halstenberg
So reichte es nur zu einem einzigen Treffer – aber dieser war absolut sehenswert: Klostermann flankte von rechts, der Ball wurde noch leicht von Brandt verlängert. Und am zweiten Pfosten nahm Marcel Halstenberg die Hereingabe aus der Luft und “drückte” die Kugel per Vollspann in den Winkel. Ein schöner und technisch anspruchsvoller Treffer zum 0:1 (49.).
Gnabry setzt den Schlusspunkt
In der letzten halben Stunde berappelten sich die Nordiren aber wieder, plötzlich war die deutsche Souveränität wieder komplett futsch. Am Ende dauerte es bis zur Nachspielzeit, ehe der starke Serge Gnabry die DFB-Elf nach einem Havertz-Pass mit dem 0:2 erlöste. Der Sieg war unter Dach und Fach, aber auf Jogi Löw wartet noch viel Arbeit.