Wer geglaubt hatte, ein ähnliches Drama wie die Aufholjagd des FC Liverpool gegen Barcelona würde sich in der Champions League so schnell nicht wiederholen, wurde nur einen Tag später eines Besseren belehrt. Die Tottenham Hotspur drehten am Mittwoch ein schon verloren geglaubtes Spiel gegen Ajax Amsterdam mit drei Treffern in der zweiten Halbzeit. Das entscheidende Tor zum 3:2-Sieg fiel erst in den letzten Sekunden der Nachspielzeit und machte den Wahnsinn perfekt. Die Spurs stehen jetzt im Finale gegen Liverpool, das am 1. Juni in Madrid stattfindet.
Selten in der Geschichte der Königsklasse haben totale Euphorie und endloser Schmerz so nah beieinander gelegen. Als der deutsche Schiedsrichter Dr. Felix Brych das denkwürdige Rückspiel zwischen Ajax und Tottenham gerade abgepfiffen hatte, entluden sich auf beiden Seiten die Emotionen.
Pochettino kann sein Glück nicht fassen
Die Engländer wussten gar nicht wohin mit ihrem Glück. Einige Spieler rannten wie wild in die Kurve der Spurs-Fans, es flossen Freudentränen, Trainer Mauricio Pochettino sank auf den Rasen und vergrub seinen Kopf zwischen den Knien.
Der Argentinier konnte einfach nicht fassen, was da gerade geschehen war. Selbst der verletzte Spurs-Kapitän Harry Kane war von der Tribüne auf das Spielfeld geeilt und hüpfte ausgelassen herum.
Ajax hatte alles im Griff
Zeitgleich sah man die Ajax-Spieler, die stumm und regungslos auf dem Rasen lagen. Coach Erik ten Hag war kreidebleich und schüttelte immer wieder den Kopf. Bis auf die englischen Anhänger stand die gesamte Johann Cruyff Arena unter Schock.
Drei von vier Halbzeiten gegen Tottenham hatte Ajax klar dominiert und in der Summe mit 3:0 geführt. Nach dem 1:0-Sieg im Hinspiel war Ajax auch im eigenen Stadion zunächst klar auf Kurs: Kapitän Matthjis de Ligt hatte nach einer Ecke von Lasse Schöne bereits in der 5. Minute die Führung erzielt.
Partystimmung zur Halbzeit
Die Gäste kamen danach besser ins Spiel, ohne vor dem Tor aber wirklich zwingend zu wirken. Ajax war hingegen gnadenlos effektiv: In der 35. Minute war Dusan Tadic auf der linken Seite frei durch und legte den Ball perfekt in den Rückraum, dort rauschte Hakim Ziyech heran und vollendete zum 2:0.
In der Halbzeit herrschte in der Johan Cruyff Arena die reinste Partystimmung. Tottenham schien mausetot, kaum jemand hätte zu diesem Zeitpunkt noch auf ein Comeback der Pochettino-Elf gewettet.
Doppelschlag durch Lucas Moura
Und doch kam alles anders, denn im Gefühl des sicheren Sieges wurde Ajax im zweiten Durchgang viel zu passiv. Tottenham übernahm die Kontrolle und spielte jetzt auch seine physische Überlegenheit aus. Nach einem blitzschnellen Angriff über Dele Alli traf Lucas Moura zum 1:2-Anschlusstreffer (55.), spätestens jetzt hatten die Spurs wieder Hoffnung.
Nur vier Minuten später war die Partie endgültig auf den Kopf gestellt: Ajax bekam im eigenen Strafraum den Ball nicht weg, erneut Lucas Moura nutzte die Situation und traf aus der Drehung zum 2:2-Ausgleich.
Knock-Out in der Nachspielzeit
Ajax wirkte jetzt wie ein angeschlagener Boxer und brauchte eine Weile, um sich von dieser kalten Dusche zu erholen. In der letzten Viertelstunde entwickelte sich ein Duell mit offenem Visier: Tottenham drängte auf den dritten Treffer, Ajax suchte per Konter die Entscheidung.
Hakim Ziyech traf für Ajax nur den Pfosten (79.), auf der Gegenseite scheiterte Jan Vertonghen an der Latte (87.). So schien Ajax sich mit dem 2:2 ins Finale zu retten – bis zu den letzten Sekunden der fünfminütigen Nachspielzeit. Dele Alli steckte den Ball brillant zu Lucas Moura durch, der seinen dritten Treffer erzielte und mit diesem Hattrick endgültig zum Helden wurde.
Liverpool im Finale favorisiert
Nun kommt es im Endspiel der Champions League zu einem rein englischen Duell zwischen dem FC Liverpool und den Tottenham Hotspur. Die Reds von Jürgen Klopp gehen als leichter Favorit in das Match: Für einen Liverpool-Sieg in der regulären Spielzeit gibt es bei Wetten.com die Top-Quote von 2,0.