In Spanien wird die WM 2018 immer im Zeichen der beispiellosen Trainerposse um Julen Lopetegui stehen. Zwei Tage vor Turnierstart wurde der ehemalige spanische Nationaltrainer vom Präsident des spanischen Fußballverbandes Luis Rubiales entlassen, da der Trainer mit Real Madrid verhandelt hatte, ohne den spanischen Verband davon in Kenntnis zu setzen, und einen Vertrag bei den Königlichen als Nachfolger des zurückgetretenen Zinedine Zidane unterschrieb. Für die WM übernahm kurzfristig Fernando Hierro, doch der konnte Spanien lediglich bis ins Achtelfinale führen, wo die stolze La Roja an Gastgeber Russland im Elfmeterschießen scheiterte. Nun stellt sich mit Luis Enrique der dauerhafte Nachfolger von Lopetegui vor.
Fernando Hierro schied in der Folge der WM nicht nur als Nationaltrainer vom spanischen Verband aus, sondern kehrte auch nicht auf seinen vorherigen Posten des Sportdirektors zurück. Diese Stelle übernahm in der Folge Jose Francisco Molin. Und der hatte gleich seine erste Herausforderung zu lösen: die Präsentation eines neuen Nationaltrainers. Die Wahl viel auf Luis Enrique, der bereits den FC Barcelona äußerst erfolgreich trainiert hatte. Dort endete aber seine Zeit nach drei Jahren, weil er das Gefühl hatte, nach längerer Zeit würden sich seine Methoden bei einem Klub abnutzen. Nun wartet also das prestigeträchtige Kapitel spanische Nationalmannschaft auf den ehemaligen spanischen Nationalspieler.
Und bei La Roja will Luis Enrique an die eigentlich ja so erfolgreiche Zeit von Julen Lopetegui, der keine einzige Niederlage als Nationaltrainer Spaniens hinnehmen musste, anknüpfen. Dementsprechend betont Enrique bei seiner Präsentation in Madrid: “Es wird keine Revolution geben. Das ist ein Wort, das ich nicht mag. Es wird eine Evolution mit einigen Anpassungen geben”.
Enrique will La Roja in Defensive und Offensive verbessern
Doch natürlich sieht Luis Enrique, gerade im Bezug auf die WM, einiges an Verbesserungspotenzial. Gerade in der Defensive will er ansetzen. “Es muss viel besser verteidigt werden, es müssen viel weniger Tore kassiert werden”, sagte er. Offensiv soll sein Team einen “risikofreudigen” Stil forcieren,mit “mehr Tiefe” im Spiel, um “mehr Torchancen zu kreieren”. Zu häufig ergingen sich die Spanier in endlosen Passstafetten, ohne den letzten oder vorletzten, entscheidenden vertikalen Pass in den Gefahrenbereich zu riskieren oder die Lücke zu finden.
Und auch wenn er den Spielstil der spanischen Mannschaft, die traditionell auf Ballbesitz baut, nicht von Grund auf über den Haufen werfen will und wird – beim Personal bietet Enrique vielen Spielern neue Chancen in die Nationalmannschaft vorzustoßen. “Ich habe Lust auf meine erste Nominierung, es wird Überraschungen geben”, so der 48-Jährige. “Das Alter ist mir egal. Ob jemand 30 Jahre alt ist, ist nicht von Bedeutung.”
Dass er jeden Spieler individuell fördern und fordern wolle, veranschaulichte Enrique mit einem Beispiel aus seinem Privatleben. “Ich habe drei Kinder, und auf jedes muss ich anders eingehen. Ich werde jeden Spieler anders behandeln. Manche mit einer Umarmung – aber ich habe auch kein Problem mit der harten Hand.” Den schroffen Ton beherrscht Enrique auch im Umgang mit der Presse, zu der sein Verhältnis nicht das beste ist. “Ich versuche, so professionell wie möglich zu sein, und ich bin nett. Aber ich glaube, das ist egal.” Zählen werden nur die Ergebnisse auf dem Platz.