WM 2018: Fußballschuhe sorgen für politische Diskussionen

WM 2018: Mladen Krstajic bleibt Nationaltrainer in Serbien
Foto: FSSrbije / Twitter

Bislang steckte in keinem WM-Spiel so viel politischer Sprengstoff wie im Duell Serbien gegen Schweiz. Schon vorher wird ausufernd provoziert und gezündelt. Für den deutschen Schiedsrichter könnte es ein anstrengender Abend werden.

Im Fußball der Schweizer existierte mal eine Debatte rund um die „Secondos“. So bezeichnet man die Nachfolgegeneration der Einwanderer, und dass diese nun zu fast zwei Dritteln in der Nationalelf vertreten ist, gefiel nicht jedem. Selbst der Kapitän Lichtsteiner sprach davon, „auf die Identifikationsfiguren aufzupassen“.

Auf der anderen Seite wissen alle, dass sie ohne Spieler wie Xhaka, Shaqiri oder Behrami gar nicht erst bei der WM dabei wäre. Daher konnte sich die Debatte bald wieder beruhigen.

Während man sich beim Duell gegen Brasilien besonders mit dem Neymar-Spielverderber Behrami identifizieren konnte, wird bei der kommenden Partie gegen Serbien vor allem die Vergangenheit mitschwingen. Denn die drei entscheidenden „Secondos“ haben einen albanisch-kosovarischen Ursprung. So flohen Behramis Eltern vor serbischen Gängelungen aus der bis heute geteilten Stadt Mitrovica.

Die Eltern Xhakas kamen aus Pristina, als der Vater durch Proteste gegen das kommunistische Jugoslawien verhaftet worden war. Auch die Familie Shaqiris landete aufgrund der Balkankriege in der Schweiz.

Xhakas Bruder Fußballer für Albanien

„Mental wird dieses Spiel sehr schwer“, sah Trainer Vladimir Petkovic ein, der selbst gebürtiger Bosnier ist.

Zu gefährlich ist die Kosovo-Frage, zu oft wird so etwas auch im Sport missbraucht. Immer noch erinnert man sich an die Szenen vor dem EM-Qualifikationsspiel 2014 in Belgrad. Damals war es eine Drohne bestückt mit großalbanischen Flaggen, die für den Abbruch sorgte.

Um das wahrscheinlich für das Weiterkommen wichtige Match wird jetzt wieder gerungen; und auch darüber, wer angefangen hat. Shaqiri machte einen Social-Media-Post von seinen Sportschuhen – der eine mit schweizerischer, der andere mit kosovarischer Flagge.

In der Tat gibt es einige Nationalisten in der Schweizer Mannschaft. So machte beispielsweise ein Bild die Runde, auf welchem der albanische Adler mit dem helvetischen Kreuz vereint wurde, oder ein Blog, auf dem es heißt: „Lasst uns den Serben zeigen, dass verlieren in ihrer DNA verankert ist.“ Ein Verweis auf die legendäre Schlacht auf dem Amselfeld, wo der ganze Schlamassel begann.

Aus dem Teamquartier der Serben wurde zuletzt Luka Milivojevic, Mittelfeldspieler, auf einer feinseligen Kopie des Schuh-Fotos zitiert: „Warum spielen sie nicht für das Land, für das sie sich so patriotisch einsetzen?“ Man möchte sich nicht provozieren lassen, sagte der Profi.

Schweizer möchten kein politisches Spiel

Die Fußballer der Schweizer Mannschaft betonen, nicht an politischen Spielen interessiert zu sein. „In kosovarischen Zeitungen durfte ich lesen, dass ‘unsere' Kosovo-Spieler jetzt gegen Serbien antreten müssten“, äußerte sich Behrami vor der WM: „Was bringt das? Ich bin in der Schweizer Mannschaft“. Behrami, dessen Familie im echten Krieg gewesen ist, kann mit solchen „Inszenierungen“, wie er sie selbst nennt, wenig anfangen. „Serbien ist ein ganz normaler Gegner für mich“.

Wenn überhaupt, dann war das EM-Spiel 2016 gegen Albanien etwas schwieriger gewesen. Doch das hatte vor allem persönliche Gründe. So kam es zum Bruderduell der Xhakas. In Anbetracht dieses Emotionsmanagements kann diese Partie als ein gelungenes Beispiel gelten: Sie gewannen mit 1:0.