Wie so häufig an den letzten Spieltagen einer langen Saison trifft ein Team, das noch jeden Punkt, ja sogar jedes Tor unbedingt benötigt, auf eine Mannschaft, bei der es nur noch um die genaue Platzierung im Mittelfeld geht. Bayer 04 Leverkusen will unbedingt noch Borussia Dortmund oder die TSG Hoffenheim von einem der heißersehnten und finanziell lukrativen Champions League Plätzen verdrängen. Hannover wird dagegen sicher im unteren Mittelfeld der Tabelle einlaufen. Nur auf welchem Platz genau? Das steht nach dem Duell in der BayArena am Samstagnachmittag fest.
Kann das Rückspiel dieser beiden Vereine nur im Mindesten an das Hinspiel am 17. Spieltag in der Hannoveraner HDI-Arena anknüpfen, erwartet uns alle ein Fußballfest in Leverkusen. Denn am letzten Spieltag vor der Winterpause trennten sich Bayer 04 und Hannover 96 mit 4:4. Beide Klubs lagen während der 90 Minuten je zweimal in Front, bevor Hannovers Julian Korb fünf Minuten vor Schluss doch noch das Remis für seine Farben ermöglichte. Viele Tore sind auch von Nöten, zumindest für eine Seite. Doch gerade die Tat sich in letzter Zeit schwer vor dem gegnerischen Gehäuse.
Findet Bayer Leverkusen seinen Torriecher wieder?
Die gute Nachricht zuerst: Bayer Leverkusen kann noch aus eigener Kraft und ohne auf andere Plätze schielen zu müssen in die Champions League einziehen. Und jetzt die schlechte Nachricht: Dazu braucht die Werkself gegen Hannover 96 vor heimischer Kulisse am Samstag einen Sieg mit fünf Toren Differenz. Und nun die ganz schlechte Nachricht: In den letzten Spielen war das gegnerische Tor wie vernagelt für die Mannschaft von Trainer Heiko Herrlich. Doch eins nach dem anderen.
Leverkusen liegt momentan auf Rang Fünf der Bundesliga, mit 52 Punkten und einem Torverhältnis von +13. Punktgleich auf Rang Vier, dem letzten Platz, der für die Teilnahme an der Champions League Gruppenphase in der kommenden Saison berechtigt, rangiert die TSG Hoffenheim mit einem Torverhältnis von +16. Drei Punkte vor den beiden Teams befindet sich noch Borussia Dortmund auf Platz Drei mit einem Torverhältnis von +19. Hoffenheim trifft am letzten Spieltag zu Hause auf den BVB. Leverkusen kann also in folgenden, teils durchaus komplexen Szenarien in die Königsklasse einziehen.
Gewinnt Leverkusen mit fünf Toren Differenz gegen Hannover qualifiziert sich die Werkself für die Champions League, egal was in Sinsheim bei der Partie Hoffenheim gegen Dortmund passiert. Gewinnt Leverkusen mit weniger als fünf Toren Unterschied gegen Hannover, kommen sie in die Königsklasse, wenn Hoffenheim nicht gegen Dortmund gewinnt (dann wären Dortmund und Leverkusen für die Champions League qualifiziert) oder wenn Hoffenheim mit mindestens drei Toren mehr Differenz gegen Dortmund als Leverkusen gegen Hannover gewinnt (dann stünden Hoffenheim und Leverkusen in der Königsklasse). Ein Unentschieden gegen Hannover genügt Leverkusen nur dann, wenn Dortmund bei der TSG Hoffenheim gewinnt. Selbst mit einer Niederlage könnte Leverkusen in die Champions League einziehen. Nämlich dann, wenn der BVB die TSG mit vier Toren mehr Unterschied besiegt, als Hannover gegen Leverkusen gewinnt.
Soweit die verschiedenen Rechenspiele vor dem entscheidenden Spieltag. Denn da die beiden Kontrahenten Dortmund und Hoffenheim direkt aufeinandertreffen und die Entscheidung am Ende an einem einzigen Tor hängen könnte, muss Leverkusen selbst sein Heil in einem möglichst überzeugenden Sieg suchen. Doch gerade die Offensive war das Problemkind der Bayer-Elf in den letzten Wochen. Seit drei Spielen ist der Werkself kein eigener Treffer mehr gelungen (0:4, 0:1, 0:0). Und zu allem Überfluss kann Leverkusen auch nicht auf seinen erfolgreichsten Angreifer dieser Spielzeit zurückgreifen: Kevin Volland (14 Saisontore). Nach seiner fünften Gelben Karte der Spielzeit, die er sich im Spiel gegen Werder Bremen abgeholt hatte, muss der deutsche Angreifer ausgerechnet das alles entscheidende Saisonfinale von der Tribüne aus verfolgen.
Doch auch ohne Volland ist die Zielsetzung Leverkusens klar: die Champions League Teilnahme muss her. Heiko Herrlich, der in der Vorsaison schon in Regensburg ganze Arbeit geleistet und den überraschend starken Zweitligisten erst dorthin gebracht hatte, führte auch Leverkusen aus dem Mittelmaß der Tabelle zurück ins internationale Geschäft. Denn in der Europa League wird Leverkusen mindestens antreten können. „Hätte uns jemand das vor der Saison gesagt, hätten das alle direkt unterschrieben,“ betont der abwanderungswillige Torhüter Bernd Leno, trauert dennoch auch den vergebenen Big Points aus den letzten beiden Partien nach. „Aber natürlich haben wir uns alle selbst das Leben etwas schwergemacht. Gegen Stuttgart und in Bremen haben wir zwei Chancen vergeben, weil die anderen auch nicht wirklich gepunktet haben.“ Doch der deutsche Nationaltorhüter richtet alle Konzentration auf das Spiel gegen Hannover. Denn „das Wichtigste ist, dass wir erstmal unsere Hausaufgaben erledigen. Dann können wir sagen, wir haben alles rein geworfen. Wenn es dann nicht gereicht hat, müssen wir halt damit leben.“
Hannover 96: Klassenhalt ist gesichert, Hoffnung auf versöhnlichen Saisonausklang
Deutlich weniger Druck und mehr Rückenwind hat der anstehende Gast in der BayArena Hannover 96. Mit dem 3:1 Sieg in Berlin wurden auch rechnerisch letzte Zweifel am Klassenerhalt beseitigt. Gerade in der ersten Halbzeit fegte 96 über die Hertha hinweg, was auch der offensiven Ausrichtung mit Kenan Karaman und Ilias Bebou auf den Flügeln sowie Martin Harnik und Niclas Füllkrug im Sturmzentrum geschuldet war. Letzter lobt: „Vier klare Angreifer, das ist mutig. Es ist aber sehr gut aufgegangen. Wir hatten eine riesige Spielfreude in der ersten Halbzeit.“ Was auch dem Resultat zur Pause zu entnehmen war: 3:0 Führung.
Diese Spielfreude soll auch gegen Bayer Leverkusen ohne Druck auf den Platz gebracht werden. Die Mannschaft scheint sich von den Abwanderungsgerüchten ihres Managers Horst Heldt Richtung Wolfsburg genauso wenig ablenken zu lassen wie von den Machtkämpfen zwischen Klubboss Martin Kind und der organisierten Fanszene. Wichtiger scheint es, dass Salif Sane, der in der Mannschaft, wie im ganzen Verein, ein hohes Standing genießt, standesgemäß zu seinem neuen Arbeitgeber Schalke 04 verabschiedet wird, nämlich mit drei Zählern. Schon nach dem Heimabschied des Senegales konstatierte Mitspieler Niclas Füllkrug: „Ich hatte auch Tränen in den Augen. Salif ist ein Riesentyp und ein großer Verlust für unsere Mannschaft. Nicht nur fußballerisch, sondern auch charakterlich.“