Bei den einen geht es um gar nichts mehr, bei den anderen noch um alles, wenn am Samstagnachmittag die Eintracht aus Frankfurt bei den Königsblauen auf Schalke gastiert. Die Schalker haben sich bereits am vergangen Spieltag mit einem 2:1-Sieg in Augsburg die Vizemeisterschaft gesichert. Frankfurt brachte sich zu Hause mit einem 3:0 gegen den HSV wieder in eine komfortablere Ausgangslage im Kampf um einen Europa League Startplatz.
Herrlichstes Fußballwetter, Saisonausklang, ausverkauftes Stadion mit 62271 freudigen Fans – zumindest Heim-Fans. Denn die Schalker haben dieses Jahr außergewöhnliches geschafft. Mit arbeitsintensivem Teamfußball konnten spielerische Schwächen kaschiert und eifrig Punkte gesammelt werden, sodass bereits am vorletzten Spieltag die Vizemeisterschaft eingetütet werden konnte. Die dadurch verdienten Lorbeeren dürfen sich die Königsblauen vor heimischer Kulisse von den Fans abholen und sich ordentlich feiern lassen. Am liebsten noch einmal mit drei Punkten gegen die Frankfurter Eintracht. Doch die wird sicherlich nicht den höflichen Partygast geben wollen, sondern viel lieber den Partycrasher. Denn die Adlerträger brauchen die drei Punkte ganz dringend selbst, um den Einzug in die Europa League sicherzustellen.
Blick bei Schalke 04 richtet sich bereits auf nächste Saison
Fünf Punkte liegt der FC Schalke 04 vor seinem ärgsten Verfolger und Dauerrivalen Borussia Dortmund, die momentan noch den dritten Platz belegt. Damit ist klar, die Vizemeisterschaft hat Schalke sicher. Ein Erfolg, den vor der Saison wohl kaum jemand den Jungs um den zu Saisonbeginn neu installierten Cheftrainer Domenico Tedesco zugetraut hätte. Doch mit mannschaftlicher Geschlossenheit, Mentalität und taktischer Disziplin formte der junge Trainer ein größeres Ganzes als die Summe der königsblauen Teile. Dennoch: 24 Punkte Rückstand auf Meister Bayern München nach dem vorletzten Spieltag sind die andere Wahrheit. Und auch an der Art und Weise wie Schalke seine Punkte ergatterte – wenig kreativ, durch Standards und späte Tore – erhitzten sich häufig die Gemüter.
Schalke ist nicht gut genug für Platz Zwei, lautet häufig die Meinung vermeintlicher Experten, die Konkurrenz sei lediglich zu inkonstant. So ist sich unter anderem TV-Kommentator und ab kommender Saison Berater beim BVB Matthias Sammer sicher: “Schalke kann so nur funktionieren, weil die Bundesliga so schlecht ist. Wenn die Bundesliga besser wäre, wäre Schalke auf Platz acht bis zehn.” Exemplarisch steht dafür der vergangene Spieltag. Borussia Dortmund patzte einmal mehr, diesmal gegen Kellerkind Mainz, und verlor 1:2. Die TSG Hoffenheim verlor sein Derby gegen den VfB Stuttgart mit 0:2. Und Leverkusen kam gegen Bremen nicht über ein torloses Remis hinaus. Lediglich Schalke punktete dreifach von den Mannschaften zwischen Rang Zwei und Fünf. Wenig sexy, aber effektiven besiegten sie Augsburg 2:1.
Dagegen hält Alessandro Schöpf, der sich den großen Erfolg nicht kleinreden lassen will. “Der zweite Platz in der Bundesliga ist ein Erfolg, auf den wir stolz sein können,” erklärt der österreichische Mittelfeldspieler. “Die Einstellung war die gesamte Saison über herausragend, zudem haben wir Woche für Woche hart für den Erfolg gearbeitet und in den Spielen stets viel Mentalität gezeigt.” Der 24-Jährige betont: “Wir stehen in der Tabelle zu Recht da oben. Da kann man nicht von Glück sprechen.”
Untermauern wollen die Königsblauen ihre starke Saison natürlich noch mit einem letzten dreier vor heimischer Kulisse und einer ansprechenden Leistung. Befreit aufspielen können die Schalker mit der gesicherten Vizemeisterschaft nun ja. Doch der Blick richtet sich bereits auch auf die kommende Saison. Denn den Verantwortlichen, wie den Spielern ist klar, dass mit dem Erfolg auch immer die Erwartungshaltung und somit der Druck steigt. Weitere Verbesserungen auf allen Ebenen sind daher von Nöten. “Wir alle haben das Gefühl, dass wir noch nicht da sind, wo wir hinwollen”, meint etwa Schalkes Manager Christian Heidel, der den Klub nicht nur auf dem Platz, sondern auch abseits vom grünen Rechteck weiter umkrempeln möchte. Eine “gefühlte Meisterschaft” helfe dabei, “weil so immer mehr Vertrauen entsteht, dass wir auf einem richtigen Weg sind”.
Kann Frankfurt von Schalkes Vizemeisterschaft profitieren?
Vizemeisterschaft eingeheimst, Champions League Ticket gebucht, Fokus auf die kommende Spielzeit – allzu viel gibt es nicht mehr, für das sich die Profis aus Gelsenkirchen im abschließenden Saisonspiel noch zerreißen müssten. Natürlich wollen sie den Fans einen letzten Dreier zu Hause schenken, aber könnten nicht doch die letzten Prozentpunkte an Konzentration und Einsatz fehlen, am Ende einer langen Saison? Die Frankfurter Eintracht stünde sicherlich parat, um einen Gegner, der nicht bei den vollen 100 Prozent ist, auszunutzen und zu schlagen. Denn für die Mannen aus der Bankenmetropole geht es anders als für die Ruhrpottler noch um alles. Lange befand sich die Überraschungsmannschaft dieser Saison sogar im Rennen um die Champions League, doch ein Leistungseinbruch in den letzten Wochen lässt sie nun sogar noch um die Europa League Qualifikation bangen.
Vor dem zurückliegenden Wochenende ergatterte die Eintracht in den letzten sieben Spielen lediglich vier Punkte (1/1/5). Seit der Bekanntgabe, dass Trainer Niko Kovac die Frankfurter nach der Saison verlassen wird, um beim Meister aus München anzuheuern, setzte es gar drei Niederlagen in Serie. Dieser Negativlauf konnte aber gegen den abstiegsbedrohten Hamburger SV vor heimischer Kulisse mit einem überzeugenden 3:0 durchbrochen werden. Das hat einerseits endlich wieder Punkte auf das Konto der Mainmetropole geschaufelt, der der siebte Platz im Endklassement definitiv für den Einzug nach Europa reichen würde. Denn verliert Frankfurt das DFB-Pokal-Finale gegen den FC Bayern, kommt der Siebte in die Europa League Quali. Gewinnt der Außenseiter in Berlin, sind sie sowieso qualifiziert. Momentan liegt Frankfurt auf dem wichtigen siebten Platz, einen Punkt hinter dem Sechsten aus Leipzig, sowie einen, beziehungsweise zwei Zähler vor den Verfolgern aus Stuttgart und Mönchengladbach.
Doch andererseits hat der Sieg gegen den HSV auch die Moral wieder aufgerichtet. Nicht ganz schuldlos daran war der Torschütze zum 3:0-Endstand: der in Frankfurt als Fußballgott verehrte Rückkehrer Alex Meier. Drei Minuten stand er in dieser Saison insgesamt auf dem Platz, nach der Einwechslung gegen Hamburg, und prompt machte er sein Tor. Mitspieler Marius Wolf: “Vor dem Spiel hat man darüber noch ein bisschen geflachst, ich habe ihm gesagt, dass er ein Tor macht. Dass er es dann auch macht, ist der Wahnsinn.” Mit diesem besonderen Rückenwind vom Frankfurter Fußballgott, soll das Abenteuer Europa auf Schalke klargemacht werden.