Tor-Weltrekord bei der EM mit 38 Jahren

SIGURDSSON Foto by Ivica Drusany, Shutterstock
SIGURDSSON Foto by Ivica Drusany, Shutterstock

Tor-Weltrekord bei der EM mit 38 Jahren: Der isländische Handballer Gudjon Valur Sigurdsson von den Rhein-Neckar Löwen ist noch lange nicht satt

Der Linksaußen vom Deutschen Meister Rhein-Neckar Löwen erzielte einen Treffer im EM-Spiel der Nordeuropäer gegen Kroatien (22:29) und schraubte sein Länderspieltorkonto damit auf sagenhafte 1798. Kein anderer Spieler hat mehr Tore in Länderspielen erzielt. Damit überholte er am Sonntagabend den Ungarn Peter Kovacs, der in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren in 323 Partien 1797 Tore warf. Gegen Kroatien absolvierte Sigurdsson sein 343. Länderspiel. Den Rekordtreffer landete der langjährige Bundesliga-Profi, der in Deutschland schon für den THW Kiel, VfL Gummersbach und TUSEM Essen spielte, in seiner typischer Manier nach einem Tempogegenstoß zum 17:23. Sein erstes Länderspiel bestritt Sigurdsson vor 19 Jahren, schon bei der EM 2000, die ebenfalls in Kroatien stattfand, war er dabei. In seiner glanzvollen Karriere gewann Sigurdsson Olympia-Silber und EM-Bronze, zudem wurde er WM-Torschützenkönig. Auf Vereinsebene holte er die Champions League sowie den EHF-Pokal und wurde Bundesliga-Torschützenkönig. Seit 2012 ist er mit vier verschiedenen Klubs in drei Ländern ununterbrochen Meister geworden. Auch in der aktuellen Spielzeit führt Sigurdsson mit den Löwen die Bundesliga-Tabelle an. Sein Vertrag läuft noch bis 2019.

“Es würde mich nicht wundern, wenn er die 2000 Tore auch noch vollmacht”, sagt der deutsche Nationalspieler Hendrik Pekeler, der im Verein Seite an Seite mit dem Linksaußen spielt, der seit vielen Jahren den Spitznamen “Eiskrieger” trägt. “Der kämpft, bis der Wal tot ist”, beschrieb Hans-Peter Krämer, der einstige Aufsichtsratschef des VfL Gummersbach, den durch große Willensstärke getriebenen Ehrgeiz des Isländers. Bis heute zählt Sigurdsson zu den besten Außenspielern weltweit und hat auch in seinem 19. Jahr in der Nationalmannschaft fast nichts von seiner Schnelligkeit und Abschlussstärke eingebüßt, die ihn zu einer Gefahr für jeden Gegner machen. Sigurdsson gehört zu der seltenen und deshalb verehrten Spezies von Profisportlern, die es geschafft zu haben scheinen, die Natur zu überlisten. Wie der japanische Skispringer Noriaki Kasai (45) oder Norwegens-Biathlon-Ikone Ole Einar Björndalen (43) scheint Sigurdsson vom biologischen Altersprozess abgekoppelt zu sein. “Ich glaube, die fressen auf Island Steine”, sagte zuletzt Nikolaj Jacobsen, Sigurdssons Vereinstrainer bei den Rhein-Neckar Löwen. Der Däne lachte bei seiner Äußerung, denn er weiß, dass es für die Vitalität des Rechtshänders viel realistischere Erklärungsansätze gibt. Im hochkarätig besetzten Kader des zweifachen Deutschen Meisters gibt es keinen Spieler, der annähernd so bewusst trainiert und lebt. Nach den Trainingseinheiten mit dem Team hängt Sigurdsson eine Einheit im Kraftraum dran oder unterzieht seinen Körper einem ausführlichen Stretching-Programm.

So viel Mühe wird belohnt: Sigurdsson gewann die Champions-League sowie den EHF-Pokal, wurde Bundesliga-Torschützenkönig und ein Ende ist nicht absehbar. Denn seine Gier ist mit jedem Erfolg gewachsen, die Sehnsucht nach Titeln größer geworden. In diesen Tagen spielt Sigurdsson zum zweiten Mal in seiner Karriere eine Europameisterschaft in Kroatien. Für Deutschland spielten damals ein gewisser Volker Zerbe, Klaus-Dieter Petersen und Jan-Olaf Immel. Die zwei EM-Turniere im Abstand von 18 Jahren bilden für Sigurdsson aber keinen Kreis, der sich schließt, denn er denkt noch lange nicht ans Karriereende. Den Vertrag bei den Rhein-Neckar Löwen hat er gerade erst um vorläufig ein Jahr verlängert, ein Rücktritt aus der Nationalmannschaft kommt für ihn auch nicht in Frage. “Solange mich der Trainer nominiert, werde ich immer für mein Land spielen”, erklärte Sigurdsson und freut sich auf die nächsten Tore für Island.