Julian Nagelsmann hat auf Manuel Neuer als Stamm-Torhüter der DFB-Elf vertraut und wurde im bisherigen Turnierverlauf nicht enttäuscht. Dennoch mehren sich Stimmen, die auf eine Wachablösung im deutschen Tor hindeuten.
Der Saisonabschluss beim FC Bayern verhieß nichts Gutes. Manuel Neuer zeigte Schwächen. Julian Nagelsmann wich trotz Kritik nicht davon ab, Neuer als Nummer 1 des National-Teams zu betrachten. Auch Fußballkollegen sehen einen Machtwechsel im Kasten der Deutschen gekommen.
Manuel Neuer braucht Unterstützung
Im Vorfeld der EURO 2024 gab es vermehrt Diskussionen. Einige Experten des runden Leders sahen es gerechtfertigt, Marc-André ter Stegen die Pool-Position im deutschen Tor einzuräumen. Manuel Neuer hatte sich im Bundesliga-Endspurt den einen oder anderen Patzer erlaubt.
Julian Nagelsmann zeigte sich davon unbeeindruckt und hielt an seiner Nummer 1 im deutschen Kasten fest. Bisher konnte Manuel Neuer das Vertrauen des Coachs rechtfertigen. Beim ersten Gruppenspiel gegen Schottland bekam der Keeper nicht viele Bälle vor die Füße. Bei den Partien gegen Ungarn und die Schweiz präsentierte sich Neuer überwiegend sicher.
Einige Kritiker weichen nicht von ihrer Meinung ab. Darunter Jörg Stiel, die frühere Nummer 1 im Tor von Borussia Mönchengladbach. Für Stiel ist die Zeit gekommen, Manuel Neuer in Fußball-Rente zu schicken. Im Interview mit ranbetonte der Ex-Keeper, dass Neuer nach seinem Unterschenkelbruch vor knapp zwei Jahren nicht wieder zur ursprünglichen Form zurückfinden konnte. „Verletzungen dieser Größenordnung steckt man nicht so einfach weg, schon gar nicht in diesem Alter.“ Neuer habe an Selbstverständlichkeit verloren. Nach wie vor zählt er zu den weltbesten Torhütern, braucht aber vermehrt „Unterstützung“, facht der Ex-Profi die Kritik erneut an.
Neuer ist über seinem Zenit
Im Hinblick auf den bisherigen EM-Verlauf habe sich Neuer doch den einen oder anderen Fehler erlaubt, so Stiel. „Wie ich finde, ist Neuer über seinem Zenit“, stellt der ehemalige Tormann fest. Stiel hielt Rückschau: „Bei der WM vor zehn Jahren sah das noch ganz anders aus. Da war Neuer auch im besten Torhüter-Alter.“
Damit scheint die Diskussion, die im Vorfeld der EM entbrannte, erneut aufgeheizt. Ist Neuer noch der Richtige im deutschen Tor oder ist mit ter Stegen nicht längst ein würdiger Ersatz gefunden? Verletzungsbedingt musste Neuer in der vergangenen Saison einige Male pausieren. Kam der 38-Jährige zum Einsatz, fehlte es ihm oft an der gewohnten Routine.
Diskussion wird nicht weniger
Die Fehlerkette der letzten Wochen ist lang. Beim Test gegen die Ukraine passiert Neuer im Spielaufbau ein gravierender Fehler, der aber ohne Folgen bleibt. Auch gegen die Griechen ging dem 2:1 Sieg ein schwerer Neuer-Patzer voraus.
RTL-EM-Experte Lothar Matthäus ist sich sicher: „Die Diskussion wird nicht aufhören.“ Nagelsmann bleibt unbeeindruckt. „Ich kann keine Selbstzweifel bei Manuel Neuer erkennen. Diskussionen lasse ich gar nicht erst aufkommen.“ So äußerte sich der Bundestrainer bereits nach dem Testspiel gegen die Griechen.
Xhaka-Tor als Wiedergutmachung
Nagelsmann sollte sich nicht täuschen. Im EM-Tor punktet Neuer mit Weltklasseparaden. Davon sichtlich beeindruckt – Granit Xhaka. Der Schweizer Kapitän steuerte mit seinem linken Fuß auf das rechte Eck des deutschen Tors zu. Eigentlich ein Grund zum Jubeln, wenn nicht ein Manuel Neuer im Tor stände.
Sven Ulreich, Ersatz-Tormann beim FC-Bayern, hält den Xhaka-Schuss für eine Wiedergutmachung und betonte gegenüber der Abendzeitung: „Wir können uns wirklich glücklich schätzen, so einen Tormann zu haben.“