Die Meinung der meisten Fußballfans zum Thema Geisterspiele ist eindeutig. Die fehlende Stimmung in den Stadien ist durch nichts zu ersetzen, mit dem gewohnten Fußballerlebnis hat das alles nicht viel zu tun. Bei den Profis sind die Ansichten da schon deutlich differenzierter. Und es war schon erstaunlich, wie hoch das sportliche Niveau am vergangenen Wochenende war. Trotz der mehr als zweimonatigen Zwangspause und extrem kurzer Zeit zur intenstiven Vorbereitung boten die Partien der Bundesliga beste Unterhaltung. Allen voran Borussia Dortmund überzeugte beim grandiosen 4:0-Sieg im Derby gegen Schalke 04. Jetzt hat BVB-Abwehrchef Mats Hummels verraten, wieso die Matches vor leeren Rängen durchaus auch positive Aspekte für die Spieler haben.
Der erste komplette “Geisterspieltag” in der Geschichte der Bundesliga ist erfolgreich über die Bühne gegangen – und sofort machten sich die Experten an die Analyse. Welche Auswirkungen haben die extrem ungewohnten Bedingungen auf die Spieler, die Leistung auf dem Platz und letztlich auf die Ergebnisse?
Setzt sich die höhere Qualität jetzt immer durch?
Eine der am häufigsten gehörten Thesen lautet: Die Top-Mannschaften haben einen Vorteil. Ein Blick auf die Resultate der letzten Woche scheint diese Theorie zu bestätigen.
Der FC Bayern (2:0 gegen Union Berlin), der BVB (4:0 gegen Schalke), Borussia Mönchengladbach (3:1 gegen Eintracht Frankfurt) und Bayer Leverkusen (4:1 gegen Werder Bremen) fuhren äußerst souveräne Siege ein. Als einziges Spitzenteam patzte RB Leipzig beim 1:1 gegen den SC Freiburg, das lag aber vor allem an der katastrophalen Chancenverwertung der Roten Bullen.
Bremen und Schalke waren komplett chancenlos
Die Annahme beruht darauf, dass es bei Geisterspielen eher auf die reine Qualität einer Mannschaft ankommt. Wenn der Stress und die Emotionalität von den Tribünen wegfallen, dann ist die Konzentration bei den Spielern höher – und dann setzt sich tendenziell das Team durch, das spielerisch und technisch überlegen ist.
Wenn man die Partien des 27. Spieltags so Revue passieren lässt, dann kann da durchaus etwas dran sein. Es war jedenfalls auffällig, wie chancenlos beispielsweise Schalke (gegen den BVB) und Werder Bremen (gegen Leverkusen) waren. Ob das mit der Hektik eines Revierderbys oder in einem vollbesetzten Weserstadion wohl auch der Fall gewesen wäre?
Hummels lobt bessere Kommunikation auf dem Platz
Dortmunds Abwehrchef Mats Hummels hat jetzt jedenfalls bestätigt, dass die Geisterspiele für die Profis auf dem Platz auch Vorteile mit sich bringen: “Man versteht Anweisungen viel besser und kann selbst mehr Kommandos geben. Wenn sonst 80.000 Leute im Stadion sind, könnte mich ein Stürmer niemals verstehen.”
Die Kommunikation mit den Mitspielern und dem Trainer ist aber nicht der einzige Pluspunkt. Hummels sieht in den Geisterspielen auch absolut keinen verzerrten Wettbewerb: “Das ist eine absolut faire Sache. Die Rahmenbedingungen sind für alle gleich. Natürlich war die Atmosphäre komisch, aber vor allem war es toll, wieder auf dem Platz zu stehen.”
Deutscher Clasico wird Geisterspiel
Für den BVB geht es am Samstag weiter mit dem Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg. Drei Tage (26. Mai) später kommt es dann zum absoluten Spitzenspiel gegen den FC Bayern. In diesem Fall sieht Hummels das leere Westfalenstadion aber durchaus als Nachteil: “Gegen die Bayern ohne unsere Fans – das ist schon bitter. Speziell in diesem Spiel hätte uns der Support natürlich gut getan.”