Sportwetten faszinieren Menschen jeden Alters und jeder Gesellschaftsschicht. Der reizvolle Nervenkitzel und die Aussicht auf lukrative Gewinne lassen das Sportwetten-Business seit Jahren rasant wachsen. Immer mehr Wettanbieter streben auf den Markt und locken neue Kunden, immer größere Summen werden umgesetzt. Der Wett-Boom hat aber auch seine Schattenseiten. Sportwetten können zur Sucht werden, aus der sich Betroffene ohne externe Hilfe nicht mehr lösen können. Aber wie merken Sie, ob Sie bereits suchtgefährdet sind? Welches sind die ersten, kleinen Alarmsignale? Unsere Experten verraten Ihnen, wie Sie eine Sportwetten-Sucht erkennen und bei welchen Stellen Sie unkompliziert Hilfe finden.
Ein bisschen heuchlerisch ist es ja schon: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) achtet penibel darauf, dass unter seinem Dach auf gar keinen Fall für Alkohol oder Nikotin geworben wird. Bandenwerbung für Schnaps oder Zigaretten beim Pokalfinale in Berlin? Völlig undenkbar. Auch die Vereine und die aktiven Profis halten sich bei ihren Werbeverträgen von suchtgefährdenden Produkten möglichst fern. Die große Ausnahme bilden Sportwetten, mit denen offenbar niemand ein Problem hat.
Sportwetten und Profifußball untrennbar verbunden
Tipico ist offizieller Partner von Bayern München, bwin arbeitet exklusiv mit Borussia Dortmund zusammen, Betway unterstützt mit Werder Bremen, Hannover 96 und Fortuna Düsseldorf gleich drei Bundesligisten. Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. Es gibt fast keinen Erst- oder Zweitligisten mehr, der keinen Wettanbieter zu seinen wichtigsten Sponsoren zählt. Dazu kommen noch all die prominenten Ex-Fußballer wie beispielsweise Oliver Kahn (Tipico), Lothar Matthäus (LeoVegas), Kevin Kuranyi (22bet), Lukas Podolski (X-Tip) oder Michael Ballack (Betfair), die sich als Werbegesichter für Buchmacher hergeben. Selbst ein ehemals seriöser Sportjournalist wie Marcel Reif lässt sich für den Anbieter Wetten.com als Markenbotschafter einspannen.
All dies verfängt natürlich bei den vielen Millionen Fußball- und Sportfans in Deutschland. Fast alle renommierten Wettanbieter können ihre Kundenzahlen seit Jahren steigern. Dass Sportwetten ein gigantische Suchtpotenzial besitzen, gerät angesichts der hohen Umsätze fast schon zur Randnotiz. Im vergangenen Jahr setzte die Branche unglaubliche 8,12 Milliarden Euro um.
Früher hatten Sportwetten ein noch eher unseriöses Image, heute sind sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das erhöht natürlich auch automatisch die Zahl jener, die mit der Zeit ein problematisches Spielverhalten entwickeln. Da unterscheiden sich die Sportwetten nicht vom Spielautomaten oder dem Roulette-Tisch – die Muster sind dieselben.
Woran erkenne ich eine Sportwetten-Sucht?
Eine Sportwetten-Sucht kommt nicht von heute auf morgen, sie entwickelt sich schleichend. Im Kleingedruckten der entsprechenden Werbeanzeigen findet sich oft der Satz „Sportwetten können süchtig machen“. Das ist keine leere Floskel, sondern eine Tatsache. Deswegen haben Experten einen Fragenkatalog entwickelt, mit dem Sie Ihr eigenes Wettverhalten kritisch hinterfragen können. Das Wichtigste dabei ist, dass Sie Ihre Gewohnheiten wirklich ehrlich reflektieren.
Die folgenden 15 Fragen sollen Ihnen bei einer Einordnung helfen:
- Kreisen Ihre Gedanken häufig um Sportwetten? Denken Sie oft über neue Einsatzstrategien nach oder überlegen Sie, wie Sie an Geld für neue Wetten gelangen können?
- Haben Sie schon mal erfolglos versucht, Ihr Sportwetten einzuschränken oder besser zu kontrollieren?
- Erreichen Sie den gewünschten „Kick“ inzwischen nur noch durch erhöhte Einsätze?
- Wetten Sie mit deutlich höheren Einsätzen als zu Beginn Ihrer Sportwetten-Zeit?
- Haben Ihre Sportwetten schon zu Problemen in der Beziehung zu Ihrem Partner, Familienmitgliedern oder Freunden geführt?
- Haben Sie Ihre Sportwetten gegenüber anderen Menschen verheimlicht oder versucht, es zu verheimlichen?
- Gab es wegen Ihres Wettverhaltens schon Probleme an Ihrem Arbeitsplatz?
- Platzieren Sie Sportwetten, um negativen Emotionen, Frustrationen oder Problemen zu entfliehen?
- Waren Sie jemals unruhig oder gereizt, wenn Sie keine oder weniger Sportwetten platziert haben?
- Haben Sie wegen Spielschulden immer häufiger Wetten platziert, um Ihre Verluste wieder zurück zu gewinnen?
- Haben Sie Ihre Sportwetten jemals durch illegale Handlungen finanziert?
- Haben andere Personen schon Ihre Wettschulden bezahlt, weil Sie wegen Ihrer finanziellen Lage verzweifelt waren?
- Haben Sie oft den Impuls, Verluste wollen sofort wieder ausgleichen zu müssen?
- Haben Sie an TV-Übertragungen Ihres Lieblingssports nur noch Freude, wenn Sie eine entsprechende Wette platziert haben?
- Haben Sie bei einem Buchmacher schon einmal gegen die AGB verstoßen?
Falls Sie eine oder mehrere der oben genannten Fragen mit „Ja“ beantworten würden, dann deutet das darauf hin, dass Ihre Leidenschaft für das Sportwetten allmählich aus dem Ruder läuft.
Sportwetten-Sucht: Was tun, bevor es zu spät ist?
Um gar nicht erst in die Gefahr einer Abhängigkeit zu geraten, gibt es ein paar grundlegende Regeln, an die Sie sich beim Sportwetten halten sollten. So wird das Risiko einer Sportwetten-Sucht deutlich minimiert.
- Betrachten Sie das Wetten stets als Freizeitvergnügen. Sportwetten sollen in erster Linie Spaß machen und sind nicht dafür da, Ihnen aus einem finanziellen Engpass zu helfen. Wer mit dem Vorsatz des Geldverdienens wettet, setzt sich unter Druck und ist massiv gefährdet, in einen Teufelskreis zu geraten.
- Folgen Sie einem klaren Money Management. Es ist essentiell, dass Sie jederzeit den Überblick über Ihre Gewinne und Verluste haben. Am besten legen Sie sich ein bestimmtes Budget pro Tag, pro Woche oder pro Monat fest und halten sich strikt daran.
- Geben Sie sich dem Wetten nur hin, wenn Ihr Privatleben auch wirklich nicht darunter leidet. Das Essen mit der Freundin oder der gemütliche Kneipenabend mit den Kumpels sollte immer wichtiger sein, als vor dem Bildschirm ein drittklassiges Tennis-Match in Mexiko zu verfolgen.
- Finger weg von Sportwetten am Arbeitsplatz! Egal welches Spiel gerade läuft und wie gerne Sie darauf wetten würden: Wetten während der Arbeitszeit sind ein absolutes Tabu. Damit gefährden Sie langfristig Ihren Job und damit Ihre Lebensgrundlage.
- Seit dem Aufstieg von Netflix ist der Begriff „Binge-Watching“ in aller Munde. Übertragen aufs Wetten könnte man also auch vom „Binge-Betting“ sprechen. Heißt im Klartext: Vermeiden Sie stundenlanges Sportwetten ohne Pause. Das trübt Ihr Urteilsvermögen und ist auf Dauer ganz sicher nicht gesund.
- Sportwetten und Alkohol sind keine gute Kombination. Dasselbe gilt für andere Rauschmittel. Wetten Sie nur mit klarem Kopf und wachem Verstand. Ansonsten neigen Sie dazu, unnötig hohe Risiken einzugehen und mit Einsätzen zu wetten, die Ihr Budget eigentlich überschreiten.
- Ihr Chef hat Sie mal wieder drangsaliert, Sie kommen frustriert nach Hause und wollen all den Ärger bei ein paar Sportwetten vergessen? Das ist ein ganz schlechter Ansatz! Wetten Sie nie, um Probleme zu vergessen. Wut, Trauer oder gar Depressionen sind ganz schlechte Beifahrer auf der Sportwetten-Autobahn.
Was tun die Wettanbieter für den Spielerschutz?
Die Buchmacher stehen immer wieder in der Kritik, weil das Problem der Suchtgefährdung von Seiten der Anbieter nicht ernst genug genommen würde. Zur Wahrheit gehört natürlich, dass die Wettanbieter möglichst viele Kunden generieren wollen und von hohen Wettverlusten der Spieler profitieren. Trotzdem gehört es bei jedem seriösen Buchmacher zum Standard, auch für einen entsprechenden Spielerschutz zu sorgen. Mit folgenden Maßnahmen wollen die Anbieter einer Sportwetten-Sucht ihrer Kunden vorbeugen:
Limits für Einsätze und Einzahlungen: Bei so gut wie keinem Wettanbieter können Sie auf einen Schlag Summen in unbegrenzter Höhe einzahlen. Die Wettanbieter legen hier klare Grenzen fest. Außerdem gibt es inzwischen bei vielen Buchmachern die sogenannte Selbst-Limitierung bei Wetteinsätzen. Sie können also in Ihren Profileinstellungen festlegen, wie hoch der Maximalbetrag für einen einmaligen Einsatz sein soll. Das soll Impulswetten mit zu hohen Einsätzen verhindern. Änderungen dieses persönlichen Einsatzlimits sind oft nur nach einer bestimmten Wartezeit möglich.
Selbstausschluss auf Zeit: Wenn Sie merken, dass Ihr Wettverhalten aus dem Ruder läuft, dann können Sie sich bei fast allen Wettanbietern in eine sogenannte Abkühlungsphase begeben. Das heißt: Sie sperren sich selbst für einen bestimmten Zeitraum. Ihr Konto bleibt bestehen, aber Sie können sich für eine gewisse Zeit nicht einloggen. Die Selbstsperre kann nur wenige Tage oder mehrere Jahre betragen – das liegt ganz bei Ihnen. Klar ist aber auch: Ist der temporäre Ausstieg einmal beantragt und bestätigt, kann er unter keinen Umständen rückgängig gemacht werden.
Komplette Selbstsperre: Sie können sich beim Wettanbieter Ihres Vertrauens natürlich nicht nur auf Zeit ausschließen lassen, sondern auch auf Lebenszeit. Wobei wir an dieser Stelle klar sagen müssen, dass dies nicht alle Buchmacher anbieten. Die Regularien sind hier teilweise sehr unterschiedlich. Aber auch hier gilt: Ist die Entscheidung einmal getroffen und vom Anbieter umgesetzt, gibt es keinen Weg zurück mehr. Eine Neuanmeldung oder eine Reaktivierung Ihres Wettkontos ist dann für alle Zeit ausgeschlossen.
Limits für Wettverluste: Inzwischen gibt es auch Wettanbieter, bei denen Sie ähnlich wie bei den Einsatzlimits ein bestimmtes Verlustlimit festlegen können. Dies kann beispielsweise pro Woche oder pro Monat gelten. Haben Sie in diesem Zeitraum dann die festgelegte Summe bereits verloren, ist ein weiteres Wetten vorerst nicht mehr möglich.
Ansprechpartner: Sollten Sie bei sich selbst ein Problem mit dem Sportwetten feststellen, können Sie sich in einem ersten Schritt immer an den Kundensupport Ihres Wettanbieters wenden. Die dortigen Mitarbeiter sind für das Thema Spielsucht in der Regel bestens geschult und können Ihnen wichtige Ratschläge geben. Die Buchmacher stellen auf Wunsch auch den Kontakt zu entsprechenden Beratungsstellen her.
So finden Sie Hilfe bei einer Sportwetten-Sucht
Nach aktuellen Studien sind vor allem sportbegeisterte Männer im Alter zwischen 20 und 30 beim Thema Sportwetten akut suchtgefährdet. Ein problematisches Wettverhalten kann sich aber grundsätzlich bei jedem Spieler entwickeln – völlig unabhängig vom Alter oder der gesellschaftlichen Herkunft. Aber was tun, wenn die Sucht schon zu weit fortgeschritten ist? Wie sollten Betroffene reagieren?
Wie weiter oben schon kurz erwähnt, können Sie sich natürlich auch immer an den Kundenservice Ihres Wettanbieters wenden. Das ist natürlich nicht als langfristig hilfreiche Maßnahme zu betrachten, sondern als erster Schritt. Die Support-Mitarbeiter wissen Ihre Lage einzuschätzen und werden beispielsweise dafür sorgen, dass Ihr Wettkonto zunächst mal deaktiviert wird. Außerdem werden Sie vom Kundenservice der Buchmacher – falls nötig – an eine passende Einrichtung oder Beratungsstelle verwiesen, wo Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können.
Ob die Behandlung ambulant erfolgen kann (beispielsweise mit regelmäßigen Therapiestunden) oder von Experten sogar ein stationärer Aufenthalt in einer Suchtklinik empfohlen wird, hängt natürlich sehr von der Schwere Ihrer Sportwetten-Sucht ab.
Bei den Anlaufstellen für Betroffene wird grundsätzlich in drei Einrichtungen unterschieden: Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und Kliniken. Wobei die Beratungszentren meistens der erste Kontaktpunkt sind. Der Vorteil an dieser Stelle ist, dass die Experten vor Ort auch Hilfe für Partner und Familienmitglieder von Suchtkranken anbieten. Denn oftmals sind es nicht die Betroffenen selbst, die die Sucht erkennen, sondern die Angehörigen. Bei den Beratungsstellen wird Glücksspielsüchtigen bei Bedarf auch Unterstützung bei der Schuldenklärung gewährt. Da es sich bei der Spielsucht um ein aberkanntes Krankheitsbild handelt, übernehmen die Krankenkassen übrigens sämtliche Kosten.
Für detaillierte Informationen empfehlen wir Ihnen zunächst mal das Portal Spielen mit Verantwortung. Hier finden sie wichtige Kontaktdaten von Selbsthilfegruppen, Kliniken und Beratungsstellen in ganz Deutschland sowie umfassendes Infomaterial zum Thema Spielsucht, rechtliche Informationen und Hilfe für Angehörige.
Weitere Anlaufstellen:
- Telefonberatung zur Glücksspielsucht vom DLTB (Deutschen Lotto- und Totoblock): 0800 – 1 37 27 00 (Montag bis Donnerstag 10 – 22 Uhr, Freitag bis Sonntag 10 – 18 Uhr).
- Online- Ausstiegsprogramm für glücksspielsüchtige Menschen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: https://www.check-dein-spiel.de
- Gambling Therapy (Online-Beratung und Unterstützung): gamblingtherapy.org
- Suchthilfe der Caritas: Caritas Suchthilfe
- Kostenlose und anonyme Beratung (auch auf Türkisch): https://www.automatisch-verloren.de/de/
- Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen: http://www.dhs.de/start.html